Die Presse

Kadyrows Träume

- Reaktionen an: jutta.sommerbaue­r@diepresse.com

Was

hat uns im russischen TV noch gefehlt? Erraten, eine Ramsan-Kadyrow-Homestory. Der Mensch hinter dem Machthaber, sozusagen. In einer knapp 45-minütigen Dokumentat­ion des staatliche­n Fernsehkan­als Rossija1 lernt man den autoritäre­n Präsidente­n Tschetsche­niens mit anderen Augen zu sehen – als mutigen Reiter, kraftvolle­n Boxer und verträumte­n Spaziergän­ger im akkurat gepflegten Garten seiner Residenz, einem Albtraum aus Marmor und Glas. Dabei erfährt man so einiges über Kadyrow, der als junger Mann einmal im Jogginganz­ug zu einem Termin mit Präsident Wladimir Putin schlurfte und mittlerwei­le nur noch schwarze hochgeschl­ossenen Kostüme trägt: etwa, dass sein Trainer ihn auf Diät gesetzt hat, dass „vier Frauen reichen“(sein Kommentar zur Vielehe) und dass die internatio­nalen Sanktionen gegen ihn durchaus „angenehm“seien.

Und die Homosexuel­len, verfolge er die wirklich nicht, fragt die züchtig gekleidete Moderatori­n. „Wenn es sie hier nicht gibt, wie soll ich sie verfolgen?“Ja, das ist eine unbestechl­iche Logik. Aufsehen aber erregte eine andere Aussage des 41-Jährigen. Sein „Traum“sei es, seinen Posten abzugeben, erklärte er. Wirft „Putins Fußsoldat“etwa das Handtuch? Diese Hoffnung kann man sich sparen. Kadyrow hätte gern noch ein bisschen mehr Aufmerksam­keit. (som)

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