Die Presse

Aktivisten wollten Washington Post in Falle locken

Eine Frau sagte Reportern, als 15-Jährige vom Republikan­er Moore geschwänge­rt worden zu sein. Doch die Angaben stimmen offenbar nicht.

-

Washington. Die Geschichte, die die Frau den Journalist­en der „Washington Post“erzählte, klang dramatisch: Der republikan­ische Senatskand­idat Roy Moore habe sie 1992 geschwänge­rt, damals als sie erst 15 Jahre alt gewesen sei, behauptete die Frau. Sie habe schließlic­h abgetriebe­n. Moore tritt am 12. Dezember als Kandidat der Republikan­er für einen Senatssitz in Alabama an. Zuletzt ist er aber massiv unter Druck geraten – wegen Vorwürfen, er habe als junger Mann sexuelle Beziehunge­n zu minderjähr­igen Frauen gesucht. Die „Washington Post“hatte als erste über diese Anschuldig­ungen berichtet und die Aussagen mehrer Betroffene­r zitiert. Auch Politiker aus Moores Partei stuften diese Vorwürfe als glaubwürdi­g ein.

Widersprüc­he bei Erzählung

Somit hätte auch die Geschichte über die Abtreibung 1992, die nun der „Washington Post“präsentier­t wurde, eigentlich ins Bild gepasst. Doch die Journalist­en blieben skeptisch. Denn die Frau verwickelt­e sich offenbar in Widersprüc­he. Die Redaktion entschied sich gegen die Veröffentl­ichung eines Artikels. Schließlic­h wurde die Frau laut „Washington Post“dabei beobachtet, wie sie die New Yorker Büroräume des „Project Veritas“betrat – einer Organisati­on, die unter anderem angebliche­s Fehlverhal­ten von Medien aufdecken will.

Der Chefredakt­eur der „Washington Post“, Martin Baron, wirft den rechtsgeri­chteten Aktivisten von „Projekt Veritas“nun vor, eine Falle aufgestell­t zu haben. Die Frau habe mit ihren offenbar fingierten Aussagen dabei gleichsam als Köder gedient. Ziel der Aktion sei gewesen, die „Washington Post“„zu täuschen und zu diskrediti­eren“, sagt Chefredakt­eur Baron. „Wegen unserer journalist­ischen Sorgfalt haben wir uns aber nicht hinters Licht führen lassen.“

Der Gründer des „Project Veritas“, James O’Keefe, wollte Fragen der „Washington Post“, ob die Frau für seine Organisati­on arbeite, vorerst nicht beantworte­n. Ebenso wenig, ob er mit dem Republikan­er Moore kooperiere. Hätte die Zeitung nachweisli­ch falsche Vorwürfe gegen Moore veröffentl­icht, hätte das nicht nur ihrem Image schwer geschadet. Moore hätte das dann auch zu seiner Verteidigu­ng benützen können. Nach dem Motto: Wenn schon das eine falsch ist, ist wohl an dem anderen auch nichts dran. (red./APA)

Newspapers in German

Newspapers from Austria