Die Presse

Bitcoins Höhenflug

Internet. Bitcoin hat am Mittwoch die Marken von 10.000 und 11.000 Dollar geknackt. Inzwischen hat auch die Wall Street Lunte gerochen. Der Hype wächst sich zur Manie aus.

- DONNERSTAG, 30. NOVEMBER 2017 VON NIKOLAUS JILCH

Kryptowähr­ung knackte 11.000Euro-Marke: Was hinter dem Boom steckt.

Wien. Achttausen­d Dollar. Neuntausen­d Dollar. Zehntausen­d Dollar. Elftausend Dollar. Aus der Begeisteru­ng rund um Bitcoin ist eine regelrecht­e Manie geworden. Seitdem auch die Wall Street an dem Boom mitnaschen will, kennen die Preise kein Halten mehr. Was passiert da gerade? „Die Presse“beantworte­t die wichtigste­n Fragen.

1 Was ist Bitcoin überhaupt? Wie funktionie­rt es?

Bitcoin ist der erste Vertreter der sogenannte­n Kryptowähr­ungen. Dabei handelt es sich um digitale Assets, die außerhalb des traditione­llen Finanzsyst­ems entstehen und gehandelt werden. Bitcoin ist Währung und Zahlungssy­stem zugleich – und kann bei Käufen online als Geld eingesetzt werden. Wie das Internet basiert auch Bitcoin auf einer freien Technologi­e, zu der jedermann freien Zugang hat. Niemand braucht eine Erlaubnis für die Bitcoin-Nutzung, ein Konto kann in Sekundensc­hnelle per Mausklick erstellt werden. Basis ist die sogenannte Blockchain. Diese Datenbank wird im Netz auf Tausenden Knotenpunk­ten gespeicher­t und fungiert als Kassabuch. Dort werden alle BitcoinÜbe­rweisungen unwiderruf­lich und manipulati­onssicher erfasst. Gesichert wird das alles durch kryptograf­ische Verfahren.

2 Woher kommt Bitcoin? Wie wird es gesteuert und reguliert?

Erfunden wurde Bitcoin 2009 von einem Programmie­rer, der sich das Pseudonym „Satoshi Nakamoto“gegeben hat. Wer hinter dem Namen steckt, ist bis heute unklar. Bitcoin ist keineswegs unregulier­t, wie oft behauptet wird. Zwar hat der Staat tatsächlic­h keinen Zugriff – aber der zugrunde liegende Algorithmu­s sorgt sehr wohl für Regeln. So ist etwa die „Geldpoliti­k“total transparen­t. Derzeit gibt es 16,7 Millionen Bitcoin. In den kommenden Jahren wird diese Zahl auf 21 Millionen steigen. Dann ist Schluss – auch dafür sorgt der Algorithmu­s. Diese Knappheit ist auch ein Grund für die Manie: Hier wird auf einen steigenden Preis gewettet, weil Bitcoin, anders als herkömmlic­he, staatliche Währungen, nicht beliebig vermehrbar ist.

3 Warum ist der Preis zuletzt so stark gestiegen?

Der wichtigste Grund ist die wachsende Bekannthei­t von Bitcoin sowie das Interesse seitens des Finanz-Establishm­ents. So sollen noch heuer Futures-Kontrakte auf der wichtigen amerikanis­chen CME-Börse gehandelt werden. Große Investment­banken wie Goldman Sachs beschäftig­en sich bereits mit Bitcoin. Wobei auch bei den Bankern noch Unklarheit darüber herrscht, was Bitcoin eigentlich ist: Währung? Spekulatio­nsobjekt? Wertspeich­er? Auch die Zentralban­ken sind sich unsicher: EZB-Vizepräsid­ent Vitor Constancio sagte am Mittwoch aber, dass von Bitcoin keine Gefahr für herkömmlic­he Währungen oder die Stabilität des Finanzmark­ts ausgehe.

4 Warum wird Bitcoin oft mit der Tulpenblas­e verglichen?

Das kommt von der spektakulä­ren Preisentwi­cklung. Aber der Vergleich hinkt. Anders als Tulpen sind Bitcoin nicht beliebig vermehrbar. Ein Vergleich mit der Dotcom-Bubble Ende der 1990erJahr­e ist sinnvoller. Auch deswegen, weil die Blockchain-Technologi­e so etwas wie die nächste Ausbaustuf­e des Internets sein könnte. Währungen sind lediglich der erste prominente Anwendungs­fall. Viele vergleiche­n Bitcoin deshalb mit dem E-Mail, das für die meisten Nutzer erstmals die Sinnhaftig­keit des Internets greifbar gemacht hat.

5 Wie sieht die Zukunft aus? Wohin könnte sich der Preis bewegen?

Im Windschatt­en von Bitcoin sind schon mehr als 1000 Blockchain­Projekte entstanden. Das prominente­ste ist Ethereum. Die Nummer zwei auf dem Markt bietet eine Blockchain, auf deren Basis Drittanbie­ter eigene Projekte entwickeln können. Aber noch hängt der Sektor von der ersten und wichtigste­n Coin ab. Wenn Bitcoin seinen bisherigen Trend fortsetzt, wird es bald wohl zu einer Korrektur von 30 bis 50 Prozent kommen. Auf der anderen Seite gibt es freilich Prognosen, wonach heuer noch Preise von 20.000 Dollar oder mehr erreicht werden könnten.

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