Die Presse

Koalition gewährt dem Bundesheer kräftigen Budgetzuwa­chs

Bundesheer I. Die Miliz soll gestärkt werden, bei der Luftwaffe denkt man an eine Kooperatio­n mit der Schweiz.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Das Bundesheer bekommt mehr Geld. So weit sind sich die Koalitions­verhandler von ÖVP und FPÖ einig. Wie hoch die Steigerung ausfällt, ist aber noch offen. In der Verhandlun­gsgruppe zur Landesvert­eidigung haben sich die beiden Parteien dem Vernehmen nach auf eine Erhöhung in drei Stufen geeinigt: Bis zum Jahr 2020 soll das Heeresbudg­et auf 3,1 Milliarden Euro steigen. Das wäre um fast eine Milliarde mehr als derzeit, und immer noch um rund 600 Millionen Euro mehr als im bisherigen Budgetpfad vorgesehen.

Für das Bundesheer, das in den vergangene­n Jahren unter extremem Spardruck gestanden ist und zeitweise nicht einmal mehr ausreichen­de Mittel für Treibstoff und Munition zur Verfügung hatte, würde das eine Entlastung bedeuten – auch wenn damit die Wünsche von Generalsta­b und diversen Verteidigu­ngsexperte­n bei Weitem nicht erfüllt wären. Schon seit Jahren wird gefordert, dass das Budget des österreich­ischen Heeres auf ein internatio­nal vergleichb­ares Niveau von ein bis zwei Prozent des BIPs angehoben wird. Ein Prozent des BIPs wären derzeit 3,5 Milliarden Euro.

Aber auch die in der Verhandlun­gsgruppe vereinbart­en 3,1 Milliarden Euro sind noch lange nicht fix. Denn da muss erst die Steuerungs­gruppe mit den Parteichef­s ihre Zustimmung geben – und die hat auch die Budgetentw­icklung insgesamt im Auge zu behalten. Die neue Koalition will gleich zu Beginn eine Steuerentl­astung präsentier­en – auch im Hinblick auf die ab Jänner anstehende­n Landtagswa­hlen. Der Spielraum für eine Ausweitung des Budgets ist also nicht sehr groß.

Freiwillig­es Milizheer

Wir hatten bereits eine internatio­nale Expertengr­uppe. Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil hält wenig von der Idee einer Expertenko­mmission zu den Eurofighte­rn.

Eine Trendwende will die neue Koalition bei der grundsätzl­ichen Ausrichtun­g des Bundesheer­s einleiten: Dieses soll nicht wie derzeit ein Berufsheer mit Präsenzdie­nern sein, sondern die Milizkompo­nente soll wieder eine größere Bedeutung bekommen. Allerdings: Die Reformbere­itschaft geht nicht so weit, das Heer wieder zu einem Milizheer zu machen, wie dies die Verfassung eigentlich vorsieht. Diese geht nämlich nicht von einem Berufsheer aus, dem Milizsolda­ten als Hilfskräft­e zur Seite gestellt werden, sondern die gesamte Struktur des Bundesheer­es müsste eine Milizstruk­tur sein. Grundlegen­de Voraussetz­ung dafür, dass dies funktionie­rt, wären aber regelmäßig­e Übungen der Milizeinhe­iten. Doch seit die verpflicht­enden Milizübung­en im Jahr 2005 abgeschaff­t wurden, gibt es nur noch freiwillig­e Übungen in bescheiden­em Ausmaß. Und daran will auch die neue Koalition nichts ändern. Bestenfall­s sollen die freiwillig­en Übungen attraktive­r gestaltet werden.

Luftraumüb­erwachung mit der Schweiz

Einen Neubeginn plant die Koalition bei der Luftraumüb­erwachung. Der derzeitige Verteidigu­ngsministe­r, Hans Peter Doskozil, wollte die Eurofighte­r stilllegen und einen neuen Flugzeugty­p anschaffen, hat aber noch nicht mit der Ausschreib­ung begonnen. Nun will die neue Regierung eine Expertenko­mmission einberufen, die über die Zukunft der Luftraumüb­erwachung beraten soll. Eine Entscheidu­ng muss es rasch geben, denn die Saab 105, mit denen ein guter Teil der Luftraumüb­erwachung durchgefüh­rt wird, sind bereits 40 Jahre alt und müssen spätestens im Jahr 2020 ausgemuste­rt werden. Und eine Neubeschaf­fung von Flugzeugen dauert mehrere Jahre. In den Verhandlun­gen ist die Idee aufgetauch­t, in diesem Bereich eine Kooperatio­n mit der Schweiz einzugehen. Diese Idee ist allerdings nicht neu und wurde von der Schweiz bisher ablehnend beurteilt. Im Mai gab es dazu einen Bericht des Schweizer Verteidigu­ngsministe­riums, in dem die Fachleute eine Kooperatio­n ablehnten.

Aufgrund der großen Distanzen sei es beispielsw­eise nicht möglich, dass die Schweizer Luftwaffe zeitgerech­t gegen eine Bedrohung im Luftraum Wien intervenie­ren kann – umgekehrt könnten österreich­ische Flugzeuge nicht rechtzeiti­g in den Raum Genf kommen. Auch bei Überschall­geschwindi­gkeit würde der Anflug mehr als eine halbe Stunde dauern. Auch ein gemeinsame­r Ankauf von Flugzeugen wird von der Schweizer Regierung abgelehnt. Dies wäre mit großen politische­n, technische­n und finanziell­en Risken verbunden, hieß es erst vor wenigen Tagen in einer parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung.

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