Die Presse

Sklaverei-Skandal überschatt­et Gipfel

EU-Afrika. Kampf gegen illegale Migration ist Hauptthema des Treffens in Coteˆ d’Ivoire. Neue Enthüllung­en über Sklavenhan­del in Libyen provoziere­n Kritik an der Union.

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Abidjan. Bildung, Investitio­nen und Jobs für die Jugend – das sollten die Themen des 5. EU-Afrikagipf­els sein, zu dem am Mittwoch mehr als 50 Staats- und Regierungs­chefs in der ivorischen Metropole Abidjan eintrafen. Alles vor dem Hintergrun­d eines für Europa besonders brisanten Themas: der Migration.

Doch das ohnehin schwierige Treffen im westafrika­nischen 24-Millionen-Einwohner-Staat Coteˆ d’Ivoire wurde von einem Skandal überschatt­et, der vor allem für die EU unangenehm­e Fragen aufwirft. Vor gut einer Woche hatte der US-Sender CNN einen Bericht über einen Sklavenmar­kt in Libyen veröffentl­icht. Die Bilder einer versteckte­n Kamera zeigten, wie afrikanisc­he Flüchtling­e für mehrere hundert Dollar als Arbeitskrä­fte auf einer Auktion verkauft wurden. Ein Mann aus Niger wurde dabei zum Beispiel als „starker Bursche für Feldarbeit“angepriese­n. Internatio­nal hatte der Bericht Entsetzen ausgelöst – bei der UNO, der Afrikanisc­hen Union und in den europäisch­en Hauptstädt­en.

Heuchelei-Vorwurf der NGOs

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron geißelte den Missbrauch als „Verbrechen gegen die Menschlich­keit“. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel versprach mehr Hilfe im Kampf gegen illegale Migration. Zum Auftakt des Gipfels musste sich die Union aber von Menschenre­chtsorgani­sationen den Vorwurf der Heuchelei gefallen lassen. Die Zustände in Libyen seien seit Langem bekannt, erklärten mehrere internatio­nal agierende NGOs. Man könne nicht so tun, als habe man nichts gewusst. Sie werfen Europa vor, die Zustände in Kauf zu nehmen, um nicht noch mehr Migranten aufnehmen zu müssen. EU-Flüchtling­skommissar Dimitris Avramopoul­os versichert­e, Brüssel mache Druck auf Libyen.

Dringlichk­eit in der Migrations­frage ergibt sich für die EU allein aus der demografis­chen Entwicklun­g: Bis 2050 wird sich die Bevölkerun­g Afrikas laut Prognosen auf 2,5 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker rief dazu auf, bei den Hilfen für Afrika nicht zu sparen. (ag.)

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