Das große Feilschen ums Innenministerium
Die ÖVP will das Schlüsselressort nicht an die Freiheitlichen abtreten. Bleibt Wolfgang Sobotka deshalb im Amt? Was das Sozialministerium für die SPÖ war, ist das Innenministerium für die FPÖ und die ÖVP.
So einträchtig die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ bisher verlaufen sind – an einem Punkt könnten die thematischen Überschneidungen zum Problem werden: Wenn es um die Frage geht, wer das Innenressort bekommt.
Was das Sozialministerium für die SPÖ war, ist das Innenministerium für die FPÖ und die ÖVP unter Sebastian Kurz: jenes Ressort, in dem sich die Leitagenda am ehesten in konkrete Politik übersetzen lässt. Und da sich beide Seiten stark über eine restriktive Sicherheitspolitik definieren, beanspruchen sie nun auch jenes Ministerium für sich, in dem die sicherheitspolitischen Fäden zusammenlaufen.
Anders gesagt: Die FPÖ hat das Innenministerium zur Koalitionsbedingung erhoben. Doch die ÖVP denkt nicht daran, dieses Schlüsselressort, das sie seit dem Jahr 2000 – seit Ernst Strasser – besetzt, einfach aufzugeben. Hinzu kommt nämlich noch, dass der Innenminister vergleichsweise viel Gestaltungsspielraum hat, deutlich mehr als etwa der Außenminister. Dass er neben dem Finanzminister über das größte Datenmaterial und dementsprechend viel Macht verfügt. Und dass seine Themen, vom Reisepass bis zur Grenzsicherung, weniger abstrakt sind als in anderen Ressorts.
Und deshalb beginnt nun schön langsam das große Feilschen ums Innenministerium. Einig ist man sich offenbar nur darüber, dass Innere Sicherheit und Landesverteidigung weiterhin nicht in den Händen derselben Partei sein sollen. FPÖ-Chef HeinzChristian Strache hat diese Woche vor Journalisten gemeint, dass er selbst eher kein Großressort übernehmen werde, weil dann die Doppelbelastung als Vizekanzler zu groß wäre. Sollte das Innenministerium an die ÖVP gehen, hat jedenfalls Wolfgang Sobotka gute Chancen, im Amt zu bleiben. Hört man zumindest aus der Partei.
Offiziell wird über Ressortverteilung und Personen erst im Finale gesprochen, laut inoffiziellem Zeitplan also erst am Wochenende von 8. bis 10. Dezember. Sollte es da zu keinem Abschluss kommen, vertagen sich ÖVP und FPÖ – aus Rücksicht auf die Weihnachtszeit – wohl auf Jänner.
Fürs Erste aber haben die Verhandler ihre Frequenz erhöht. Die Steuerungsgruppe mit Kurz und Strache trifft sich jetzt nahezu täglich. Am Mittwoch wurde neben den Kapiteln Arbeit, Sport und Kultur auch über Integration gesprochen, einen anderen schwarz-blauen Schlüsselbereich. Hier stellt sich die Frage, was mit der dazugehörigen Sektion geschieht: Bleibt sie im Außenamt? Übersiedelt sie ins Innenministerium, wo Kurz einst Staatssekretär war? Oder gibt es einen Plan C – sprich: ein eigenes Ministerium?