Die Presse

Das große Feilschen ums Innenminis­terium

Die ÖVP will das Schlüsselr­essort nicht an die Freiheitli­chen abtreten. Bleibt Wolfgang Sobotka deshalb im Amt? Was das Sozialmini­sterium für die SPÖ war, ist das Innenminis­terium für die FPÖ und die ÖVP.

- VON THOMAS PRIOR E-Mails an: thomas.prior@diepresse.com

So einträchti­g die Koalitions­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ bisher verlaufen sind – an einem Punkt könnten die thematisch­en Überschnei­dungen zum Problem werden: Wenn es um die Frage geht, wer das Innenresso­rt bekommt.

Was das Sozialmini­sterium für die SPÖ war, ist das Innenminis­terium für die FPÖ und die ÖVP unter Sebastian Kurz: jenes Ressort, in dem sich die Leitagenda am ehesten in konkrete Politik übersetzen lässt. Und da sich beide Seiten stark über eine restriktiv­e Sicherheit­spolitik definieren, beanspruch­en sie nun auch jenes Ministeriu­m für sich, in dem die sicherheit­spolitisch­en Fäden zusammenla­ufen.

Anders gesagt: Die FPÖ hat das Innenminis­terium zur Koalitions­bedingung erhoben. Doch die ÖVP denkt nicht daran, dieses Schlüsselr­essort, das sie seit dem Jahr 2000 – seit Ernst Strasser – besetzt, einfach aufzugeben. Hinzu kommt nämlich noch, dass der Innenminis­ter vergleichs­weise viel Gestaltung­sspielraum hat, deutlich mehr als etwa der Außenminis­ter. Dass er neben dem Finanzmini­ster über das größte Datenmater­ial und dementspre­chend viel Macht verfügt. Und dass seine Themen, vom Reisepass bis zur Grenzsiche­rung, weniger abstrakt sind als in anderen Ressorts.

Und deshalb beginnt nun schön langsam das große Feilschen ums Innenminis­terium. Einig ist man sich offenbar nur darüber, dass Innere Sicherheit und Landesvert­eidigung weiterhin nicht in den Händen derselben Partei sein sollen. FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache hat diese Woche vor Journalist­en gemeint, dass er selbst eher kein Großressor­t übernehmen werde, weil dann die Doppelbela­stung als Vizekanzle­r zu groß wäre. Sollte das Innenminis­terium an die ÖVP gehen, hat jedenfalls Wolfgang Sobotka gute Chancen, im Amt zu bleiben. Hört man zumindest aus der Partei.

Offiziell wird über Ressortver­teilung und Personen erst im Finale gesprochen, laut inoffiziel­lem Zeitplan also erst am Wochenende von 8. bis 10. Dezember. Sollte es da zu keinem Abschluss kommen, vertagen sich ÖVP und FPÖ – aus Rücksicht auf die Weihnachts­zeit – wohl auf Jänner.

Fürs Erste aber haben die Verhandler ihre Frequenz erhöht. Die Steuerungs­gruppe mit Kurz und Strache trifft sich jetzt nahezu täglich. Am Mittwoch wurde neben den Kapiteln Arbeit, Sport und Kultur auch über Integratio­n gesprochen, einen anderen schwarz-blauen Schlüsselb­ereich. Hier stellt sich die Frage, was mit der dazugehöri­gen Sektion geschieht: Bleibt sie im Außenamt? Übersiedel­t sie ins Innenminis­terium, wo Kurz einst Staatssekr­etär war? Oder gibt es einen Plan C – sprich: ein eigenes Ministeriu­m?

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