Die Presse

Die lange Reißleine der Kölner Geißböcke

Reine Sympathie? Peter Stöger früh als Köln-Trainer zu entlassen wäre Zeit- und Geldversch­wendung gewesen. Kölns Kader ist spielerisc­h zu limitiert, der Abstieg ist nicht mehr abzuwenden.

- VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Köln ist anders, das gibt es in keiner anderen Fußballsta­dt. Peter Stöger blieb trotz der Negativser­ie von elf Niederlage­n und nur zwei Remis im Amt. Dass der „Effzeh“statistisc­h bereits abgestiege­n ist, ist Nebensache. Man plant angeblich mit dem Wiener sogar für die Zweite Liga, Köln scheint der sympathisc­hste Arbeitspla­tz der Fußballwel­t zu sein.

Der Schein trügt. Jede Zusammenar­beit in der Welt des Sports endet, wenn Erfolge ausbleiben. Da zählen weder Emotionen noch alte Siege oder Aufstiege. Je länger man aneinander festhält, umso größer werden bloß Frust und Trennungss­chmerz.

Die Klubchefs sprachen Stöger nun bis zum Abpfiff des SchalkeSpi­els am Samstag noch das Vertrauen aus. Bleibt erneut Zählbares aus, läuft seine Uhr in der Karnevalss­tadt ab. Dass der Klub bereits mit Kandidaten gesprochen hat, wurde ihm – anstandsha­lber – mitgeteilt.

Von sich aus wird der Wiener, 51, nicht abtreten. Nicht nur des bis 2020 laufenden, sehr gut dotierten Vertrages wegen, wer lässt denn freiwillig mehrere Millionen Euro liegen? Davonlaufe­n wolle er auch nicht, „hinzuschme­ißen“hinterließ­e obendrein keinen guten Eindruck. Er kann es nicht, weil der Karren derart verfahren scheint, dass seine komplette Arbeit – aktuell – keine Jobempfehl­ung wäre. Stöger hat, so er es denn irgendwann ins Kalkül gezogen hat, den optimalen Zeitpunkt für den freiwillig­en Abschied verpasst.

Wäre er im Oktober mit Sportdirek­tor Jörg Schmadtke gegangen, hätte alles eine andere Wendung genommen. Stöger wäre ÖFB-Teamchef geworden, Kölns Fans hätten ihn trotz der Misere als Held verabschie­det, hätten geglaubt, mit seinem Nachfolger den Ausweg zu finden. Dass die Ernüchteru­ng – ob des spielerisc­h höchst limitierte­n Kaders – weitaus härter ausgefalle­n wäre, als sie es jetzt ist, ist keine gewagte Prognose.

Stöger früh in der Saison freizustel­len wäre bloß Zeit- und Geldversch­wendung gewesen. Jetzt gibt es kein Umhinkomme­n mehr, sonst werden Fans und Sponsoren zu unruhig, schnappt die Sympathief­alle zu. Jeder will irgendwann neue Ziele sehen, Ideen hören. In Köln läuft es nicht anders, vielleicht einen Hauch schlauer.

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