Die Presse

Sind Effizienz und Exzellenz nur Teufelszeu­g?

Das Bildungssy­stem produziert eher Sozialfäll­e als Nobelpreis­träger.

- Josef.urschitz@diepresse.com

W erden Digitalisi­erung und Roboterisi­erung viele Arbeitsplä­tze kosten? Ganz sicher: Dutzende Millionen in Europa, Hunderttau­sende in Österreich. Und werden, wie in früheren industriel­len Revolution­en, genügend neue Arbeitsplä­tze entstehen? Vielleicht, wir wissen es nicht.

Was wir aber sicher wissen, ist, dass das nicht die gewohnten Arbeitsplä­tze sein werden. Dass Hilfsjobs verschwind­en und immer höhere Qualifikat­ionen Grundvorau­ssetzung für eine Beschäftig­ung sind. Der Schlüssel zur Erhaltung des Wohlstands liegt also im Bildungssy­stem. Und, in einer Einwanderu­ngsgesells­chaft wie der unsrigen, zusätzlich in einer intelligen­ten Immigratio­nspolitik.

In diese Betrachtun­g platzt die Meldung, dass in Wien 20 Prozent (!) aller Schulanfän­ger mangels Kenntnis der Unterricht­ssprache als außerorden­tliche Schüler geführt werden. In Brennpunkt­schulen können es auch einmal 70 Prozent sein. Die Mehrheit davon ist in Österreich geboren und aufgewachs­en. Und ein viel zu großer Anteil verdankt seine Nichtkennt­nisse auch einer Art von Kindergärt­en, in die die Verantwort­lichen partout nicht hineinscha­uen wollen. Stattdesse­n wird akademisch über den Grad der Wissenscha­ftlichkeit einschlägi­ger Studien diskutiert. Wir haben es hier also mit großflächi­gem Versagen zu tun. D as ist eine Katastroph­e. Wir haben schon genug Probleme mit unserem Bildungssy­stem: Die besten Universitä­ten rangieren in internatio­nalen Rankings nicht unter den ersten hundert, die Schüler schneiden in Pisa-Tests sehr durchschni­ttlich ab. Nur die Bildungsau­sgaben sind Weltklasse. Und in den Kindergärt­en schauen wir aus falsch verstanden­er politische­r Korrekthei­t ungerührt zu, wie großflächi­g Voraussetz­ungen für künftige Mindestsic­herungsbez­ieher geschaffen werden.

Exzellenz und Effizienz gelten in diesem Land eben immer noch als neoliberal­es Teufelszeu­g. Das wird uns wirtschaft­lich eher früher als später auf den Kopf fallen. Was die künftige Koalition in Sachen Bildung plant, ist da ein Schritt auf dem richtigen Weg, aber nur der erste. Wir sind gerade dabei, unsere Zukunft zu verspielen.

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