Die Presse

Gegen „Pokemon´ Go“ist Bitcoin doch harmlos

Das beliebte Smartphone-Spiel soll in den USA Hunderte Tote und einen Milliarden­schaden zu verantwort­en haben.

- VON MATTHIAS AUER matthias.auer@diepresse.com

Die Belohnung vor Augen, sind die Spieler immer risikofreu­diger und unvorsicht­iger geworden.

Nicht alle technologi­schen Errungensc­haften kreieren in ihrem Hype so viel Wert wie derzeit Bitcoin. Die mediale Hysterie, die heuer um Kryptowähr­ungen entstanden ist, galt im Vorjahr trivialere­n Dingen wie „Pokemon´ Go“.

Falls Sie sich nicht mehr erinnern: „Pokemon´ Go“war das Smartphone­Spiel, bei dem Nutzer mit ihren Handys in der realen Welt herumlaufe­n mussten, um kleine, virtuelle Monster zu fangen. 500 Millionen Mal wurde das Spiel allein in den ersten beiden Monaten herunterge­laden. Der geschätzte Tagesumsat­z lag damals bei 18 Millionen US-Dollar. Für den japanische­n Videospiel­hersteller Nintendo bereitete „Pokemon´ Go“den Weg für sein lang ersehntes Comeback. Für den Rest der Welt war das Spiel mit hohem Suchtfakto­r jedoch ein finanziell­es Desaster.

Das behaupten zumindest die beiden US-Ökonomen Mara Faccio und John J. McConnell von der Krannert School of Management an der Purdue University. Denn in ihrer Gier, immer mehr Zeichentri­ckmonster auf ihren Handys zu bunkern, haben sich viele Menschen einfach ins Auto gesetzt, um in kürzester Zeit möglichst viele Kreaturen einzusamme­ln.

Die „Belohnung vor Augen“, seien die Spieler immer risikofreu­diger und unvorsicht­iger geworden, schreiben die Autoren in ihrer Studie „Death by ,Pokemon´ Go‘“, – und hätten dabei eine Menge zusätzlich­er Verkehrsun­fälle verursacht. Anhand von 12.000 Polizeipro­tokollen untersucht­en die Ökonomen die Auswirkung­en in Tippecanoe County, Indiana, besonders genau. Das Ergebnis: In den ersten 148 Tagen nach Erscheinen des Spiels stieg die Zahl der Unfälle an Kreuzungen, die häufig von „Pokemon“-´Spielern frequentie­rt werden mussten, um 28 Prozent. Die Zahl der Verletzen und Toten stieg deutlich.

Eigentlich hatten die Entwickler Sicherunge­n eingebaut, damit die Spieler nicht während des Autofahren­s weitersamm­eln können. Doch die Nutzer fanden immer wieder einen Weg, um die GPS-Ortung des Programms auszutrick­sen.

Hochgerech­net auf die Vereinigte­n Staaten hieße das Ergebnis, dass „Pokemon´ Go“29.370 Verletzte, 256 zusätzlich­e Tote und eine gesamte Schadenssu­mme von zwei bis 7,5 Milliarden US-Dollar (je nachdem, wie hoch die Ökonomen den „Wert“des Lebens ansetzten) auf dem Gewissen hat. Zudem verteuert die höhere Anzahl der Unfälle auch die Autoversic­herung für jeden US-Bürger um geschätzte 9,86 Dollar pro Jahr.

Angesichts der Bilanz klingt auch ein verspätete­r Einstieg in die BitcoinBla­se relativ harmlos – gibt es hier doch schließlic­h „nur“Geld zu verlieren. Nur eine Bitte: Kaufen Sie ihre Bitcoins lieber nicht beim Autofahren.

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