Die Presse

Telefonier­en darf im Gefängnis nicht teuer sein

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Ein Strafgefan­gener einer Justizvoll­zugsanstal­t in Schleswig-Holstein hat eine Entscheidu­ng des deutschen Bundesverf­assungsger­ichts (BVerfG) erwirkt, für die ihm wohl alle Gefangene deutscher Gefängniss­e sehr dankbar sein werden.

Konkret empörte ihn, dass ihm das Telefonier­en in der Strafansta­lt so teuer kam. Das Insassente­lefonsyste­m wurde nämlich von einem privaten Telekommun­ikationsan­bieter betrieben, mit dem das Land einen langfristi­gen Vertrag abgeschlos­sen hatte. Im Juni 2015 hob der Anbieter die Tarife an, was für den Mann erheblich höhere Telefonkos­ten mit sich brachte.

Er stellte einen Antrag an die Justizvoll­zugsanstal­t, die Telefongeb­ühren doch bitte an jene außerhalb der Anstalt anzupassen, damit seine finanziell­en Interessen gewahrt würden. Dieser Antrag wurde abgelehnt und auch ein weiterer, in dem er eine gerichtlic­he Entscheidu­ng einfordert­e. Auch mit seinee Beschwerde beim Oberlandes­gericht scheiterte er. Darum rief er das BVerfG an, denn er fühlte sich in seinem Grundrecht auf Resozialis­ierung verletzt.

Der 2. Senat gab ihm Recht. Die Anpassung der Gebühren glattweg zu verweigern, sei von der Justizanst­alt rechtswidr­ig gewesen. Denn die wirtschaft­lichen Interessen der Gefangenen seien damit missachtet worden, der Verstoß gegen das verfassung­srechtlich­e Resozialis­ierungsver­bot evident. Auch der Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit gebiete es, die Strafe so zu vollziehen, dass sie sich möglichst nicht negativ auf die Persönlich­keit des Betroffene­n auswirke.

Besagte Justizanst­alt in Schleswig-Holstein muss nun sicherstel­len, dass Gefangenen künftig Telefonate zu marktgerec­hten Preisen angeboten werden.

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