. . . sonst droht Abstellgleis
Die nächste Bundesregierung muss die Breitspurverlängerung auf ihren Fahrplan setzen, damit Österreich den Anschluss nicht verliert.
In seinem Beitrag „Eine Fata Morgana auf der neuen Seidenstraße“(24. November) stellt Josef Urschitz die Frage, ob die heimische Euphorie für das chinesische Projekt einer neuen Seidenstraße angebracht und ob eine Teilnahme Österreichs daran überhaupt sinnvoll sei. Beides lässt sich mit einem klaren Ja beantworten.
Jahrhundertprojekte entstehen, wenn große Visionen realisiert und ausgetretene Trampelpfade verlassen werden. China hat eine große Vision, die alten Trampelpfade der Seidenstraße zwischen Fernost und dem Westen zu reaktivieren. So soll ein transkontinental-eurasischer Handelsraum mit modernen, schnellen und leistungsstarken Verkehrsrouten zwischen Wladiwostok über Peking bis nach Lissabon entstehen.
Zwei Landwege und ein Seeweg sind als Haupthandelsrouten zwischen Asien und Europa geplant. Für die Länder entlang dieser Verkehrswege ergeben sich enorme wirtschaftliche Chancen.
Österreich liegt derzeit noch abseits der geplanten Seidenstraße. Das kann aber noch geändert werden, wenn die Breitspureisenbahn vom slowakischen Kosiceˇ bis nach Österreich verlängert wird. Das ist nicht neu, stimmt. Neu ist auch nicht, dass große, generationenübergreifende Zukunftsprojekte hierzulande sofort eine Phalanx an Kritikern auf den Plan ruft. Wozu, warum, wer braucht das schon?
Was hätte die Slowakei davon?
Ein gern postuliertes Argument der Kritiker einer Breitspurverlängerung: Was hätte denn die Slowakei davon, wenn die Breitspur bis nach Österreich verlängert wird? Das ist schnell erklärt. Kosiceˇ ist zwar idyllisch, hat aber kaum überregionale Logistik-Bedeutung. Selbstverständlich würde die Slowakei aber von einer Breitspurverlängerung profitieren. Denn die Planungen sehen einen Doppelterminal auf österreichischer und slowakischer Seite vor. So würde in der Twin-City-Region Wien-Bratislava einer der größten Logistikhubs Europas mit Tausenden neuen Jobs und vielen Milliarden Euro Wertschöpfung entstehen.
Für den Standort spricht auch, dass die Breitspur 450 Kilometer weiter nach Mitteleuropa reicht und in Wien an drei wichtige transeuropäische Netze angeschlossen würde.
Das Projekt ist nach vielen Jahren immer noch nicht auf Schiene, da haben die Kritiker recht. Das liegt daran, dass die Bundespolitik die Breitspuranbindung bisher nicht auf ihrer Agenda hatte. Mit Chinas Ambitionen zur Belebung der Seidenstraße gewinnt das Projekt aber wieder an Bedeutung.
Die gemeinsame Wirtschaftsmission von WK Wien und ÖBB nach Peking hat Österreichs Rolle am chinesischen SeidenstraßenProjekt wieder mit Leben erfüllt. Der chinesische Botschafter in Wien lädt Österreich ein, eine aktive Rolle im Seidenstraßenprojekt einzunehmen und Teil des 16+1Mechanismus zu werden. Das sind jene 16 ost- und südosteuropäischen Länder, die seit 2012 bilateral eng mit China am Seidenstraßenprojekt arbeiten.
Die größte chinesische Bank eröffnet mit unserer Unterstützung in Wien demnächst ein Headquarter und wickelt hier Finanzierungen der Seidenstraßenprojekte ab. Die nächste Bundesregierung muss die Breitspuranbindung auf ihren Fahrplan setzen. Passiert das nicht, verschiebt sich Österreich selbst aufs Abstellgleis.