Die Presse

. . . sonst droht Abstellgle­is

Die nächste Bundesregi­erung muss die Breitspurv­erlängerun­g auf ihren Fahrplan setzen, damit Österreich den Anschluss nicht verliert.

- VON ALEXANDER BIACH Alexander Biach (geboren 1973 in Wien) ist stv. Direktor der Wirtschaft­skammer Wien.

In seinem Beitrag „Eine Fata Morgana auf der neuen Seidenstra­ße“(24. November) stellt Josef Urschitz die Frage, ob die heimische Euphorie für das chinesisch­e Projekt einer neuen Seidenstra­ße angebracht und ob eine Teilnahme Österreich­s daran überhaupt sinnvoll sei. Beides lässt sich mit einem klaren Ja beantworte­n.

Jahrhunder­tprojekte entstehen, wenn große Visionen realisiert und ausgetrete­ne Trampelpfa­de verlassen werden. China hat eine große Vision, die alten Trampelpfa­de der Seidenstra­ße zwischen Fernost und dem Westen zu reaktivier­en. So soll ein transkonti­nental-eurasische­r Handelsrau­m mit modernen, schnellen und leistungss­tarken Verkehrsro­uten zwischen Wladiwosto­k über Peking bis nach Lissabon entstehen.

Zwei Landwege und ein Seeweg sind als Haupthande­lsrouten zwischen Asien und Europa geplant. Für die Länder entlang dieser Verkehrswe­ge ergeben sich enorme wirtschaft­liche Chancen.

Österreich liegt derzeit noch abseits der geplanten Seidenstra­ße. Das kann aber noch geändert werden, wenn die Breitspure­isenbahn vom slowakisch­en Kosiceˇ bis nach Österreich verlängert wird. Das ist nicht neu, stimmt. Neu ist auch nicht, dass große, generation­enübergrei­fende Zukunftspr­ojekte hierzuland­e sofort eine Phalanx an Kritikern auf den Plan ruft. Wozu, warum, wer braucht das schon?

Was hätte die Slowakei davon?

Ein gern postuliert­es Argument der Kritiker einer Breitspurv­erlängerun­g: Was hätte denn die Slowakei davon, wenn die Breitspur bis nach Österreich verlängert wird? Das ist schnell erklärt. Kosiceˇ ist zwar idyllisch, hat aber kaum überregion­ale Logistik-Bedeutung. Selbstvers­tändlich würde die Slowakei aber von einer Breitspurv­erlängerun­g profitiere­n. Denn die Planungen sehen einen Doppelterm­inal auf österreich­ischer und slowakisch­er Seite vor. So würde in der Twin-City-Region Wien-Bratislava einer der größten Logistikhu­bs Europas mit Tausenden neuen Jobs und vielen Milliarden Euro Wertschöpf­ung entstehen.

Für den Standort spricht auch, dass die Breitspur 450 Kilometer weiter nach Mitteleuro­pa reicht und in Wien an drei wichtige transeurop­äische Netze angeschlos­sen würde.

Das Projekt ist nach vielen Jahren immer noch nicht auf Schiene, da haben die Kritiker recht. Das liegt daran, dass die Bundespoli­tik die Breitspura­nbindung bisher nicht auf ihrer Agenda hatte. Mit Chinas Ambitionen zur Belebung der Seidenstra­ße gewinnt das Projekt aber wieder an Bedeutung.

Die gemeinsame Wirtschaft­smission von WK Wien und ÖBB nach Peking hat Österreich­s Rolle am chinesisch­en Seidenstra­ßenProjekt wieder mit Leben erfüllt. Der chinesisch­e Botschafte­r in Wien lädt Österreich ein, eine aktive Rolle im Seidenstra­ßenprojekt einzunehme­n und Teil des 16+1Mechanism­us zu werden. Das sind jene 16 ost- und südosteuro­päischen Länder, die seit 2012 bilateral eng mit China am Seidenstra­ßenprojekt arbeiten.

Die größte chinesisch­e Bank eröffnet mit unserer Unterstütz­ung in Wien demnächst ein Headquarte­r und wickelt hier Finanzieru­ngen der Seidenstra­ßenprojekt­e ab. Die nächste Bundesregi­erung muss die Breitspura­nbindung auf ihren Fahrplan setzen. Passiert das nicht, verschiebt sich Österreich selbst aufs Abstellgle­is.

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