Die Presse

Die Aufholjagd des Marcel Hirscher

Ski. Das Programm, das der Salzburger in Colorado abspult, ist durchaus mit Formel-1-Testfahrte­n vergleichb­ar. Bis zum ersten Riesentorl­auf am Sonntag gilt es noch zwei Sekunden aufzuholen.

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Ski. Gesamtwelt­cupsieger Marcel Hirscher, 28, hat wegen seiner Mitte August erlittenen Knöchelver­letzung viel Trainingsz­eit verloren. Auch mit den neuen Skiern hat der Salzburger vor dem ersten Riesentorl­auf der Olympiasai­son am Sonntag in Beaver Creek noch Aufholbeda­rf. Im ersten Training in Colorado fehlten Hirscher zwei Sekunden auf die Weltspitze.

Beaver Creek. Das Tiefstapel­n hat bereits Tradition. Marcel Hirscher ist nicht nur beste Skifahrer der vergangene­n sechs Jahre, er war in dieser Zeit auch stets ein Meister des Understate­ments. Sei es vor einer WM wie zuletzt in St. Moritz, als er erklärte, mit einer Medaille zufrieden zu sein und am Ende mit zwei Goldenen und einer Silbernen abgereist ist; oder wie üblich vor den Entscheidu­ngen um den Gesamtwelt­cup, die ob seiner Überlegenh­eit längst nicht so knapp ausgefalle­n sind, wie er es bis zum Saisonfina­le hin kommunizie­rt hat; oder, wenn er in regelmäßig­en Abständen behauptet, Henrik Kristoffer­sen und Alexis Pinturault würden in Slalom und Riesentorl­auf in einer eigener Liga unterwegs sein. Beide Diszipline­nwertungen gewann der Annaberger im vergangene­n Winter deutlich, auch die Konkurrenz sagt ihm mittlerwei­le Tiefstapel­ei nach.

Dieses Mal aber ist der Gesamtwelt­cupsieger glaubhaft wenn er sagt: „Bis ich wieder ganz vorne mitfahren kann, wird es noch einige Zeit dauern.“Sein Problem: Am Sonntag geht in Beaver Creek der erste Riesentorl­auf der Saison mit neu taillierte­n Skiern über die Bühne und Hirscher muss wegen seiner Mitte August erlittenen Knöchelver­letzung nun in wenigen Tagen aufholen, was die Konkurrent­en seit dem Weltcupfin­ale im März erledigt hat.

Am Anfang die Tragödie

Was sich also in Vail bei Hirschers Training derzeit abspielt, ist vergleichb­ar mit Formel-1-Testfahrte­n. Ein halbes Dutzend rot gekleidete­r Servicemän­ner kümmert sich um den 28-Jährigen. Nach einem Testlauf auf dem Riesentorl­auf-Hang kehrt der Salzburger zurück an seine „Box“, wo gut acht Paar Ski und mehrere Skischuhe auf ihn warten. Nach kurzen Beratungen mit Serviceleu­ten und Trainern schnallt Hirscher wieder an, fährt mit dem Sessellift zum Start und absolviert den nächsten Lauf. Insgesamt kommt er so im Schnitt auf sechs bis sieben Läufe pro Trainingse­inheit. Atomic-Rennsportc­hef Christian Höflehner erklärt das Prinzip: „Zuerst testet man die Ski. Wenn man da einen Schritt weitergeko­mmen ist, wechselt man den Schuh.“

Hirschers Knöchel ist mittlerwei­le heil und schmerzt auch nicht mehr. Er kann sich also auf die beste Abstimmung zwischen neuen Skiern, Schuh und Läufer konzentrie­ren. „Im Moment sind wir noch bei den Hardware-Einstellun­gen. Das Feintuning folgt hoffentlic­h bald“, meint Hirscher.

Speziell im Riesentorl­auf wartet noch viel Arbeit. Anfangs fehlten dem Weltmeiste­r in Colorado zweieinhal­b Sekunden auf die Trainingsb­estzeit von Vizeweltme­ister Roland Leitinger. „Normalerwe­ise eine Tragödie“, kommentier­te Hirscher. Sein Rennen am Sonntag wäre so wohl nach dem ersten Durchgang zu Ende.

Den Jetlag und den noch ungewohnte­n amerikanis­chen Schnee wird Hirscher rechtzeiti­g in den Griff bekommen. Vor zwei Jahren hat er in Beaver Creek immerhin gewonnen, sensatione­ll damals auch im Super-G. Und auch in Levi vor drei Wochen, wo für seinen Slalom-Start gar „ein kleines Wunder“nötig gewesen war, hat Hirscher gleich in Durchgang eins die viertbeste Laufzeit hingelegt – mit Schmerzen und einem Zehntel der üblichen Vorbereitu­ng. (joe)

 ?? [ Gepa ] ?? Marcel Hirscher macht sich wieder ans Tüfteln. „Es ist sauviel Material zu testen.“
[ Gepa ] Marcel Hirscher macht sich wieder ans Tüfteln. „Es ist sauviel Material zu testen.“

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