Die direkte Demokratie als Schweizer Exportschlager
Die Schweiz gilt als Vorbild für konsequent gelebte Volkssouveränität. Doch es gilt, viele Eigenheiten zu bedenken.
Neben dem Tenniscrack Roger Federer scheint die Schweiz einen weiteren prominenten Exportschlager zu haben, der nicht nur in Österreich an Beliebtheit gewinnt: die direkte Demokratie. Zu Recht, denn in keinem anderen Land wird die Volkssouveränität so konsequent gelebt.
Die direkte Demokratie entwickelte sich zunächst auf Ebene der Kantone, und zwar bereits im Verlauf der 1830er-Jahre. Auf Bundesebene entwickelten sich das Referendum und die Initiative gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Was können die Menschen mit diesen zwei Instrumenten bewirken? Gegen jedes Bundesgesetz wie auch gegen völkerrechtliche Verträge kann das Referendum ergriffen werden, wenn ein Prozent der Stimmberechtigten – sprich 50.000 Bürger – dies verlangen.
Zudem kann eine Änderung der Verfassung verlangt werden, wenn mindestens 100.000 Unter- schriften für eine entsprechende Initiative eingereicht werden. Diese kann als allgemeine Anregung formuliert sein oder als fertig ausgearbeiteter Text vorliegen, dessen Wortlaut vom Parlament und der Regierung nicht mehr verändert werden darf. Dem Parlament steht die Möglichkeit offen, auf eine Initiative mit einem Gegenentwurf zu reagieren.
Der Blick auf die Praxis
So weit die technischen Details. Sie bilden die Grundlage der direkten Demokratie. Da die Schweiz im Kontext von mehr Bürgerbeteiligung immer wieder als Vorbild herangezogen wird, soll im Folgenden der Blick auf die Praxis gerichtet. Dies ist deshalb von Interesse, weil es einerseits aufzeigt, dass die direkte Demokratie nach Schweizer Art in ein darauf ausgerichtetes Umfeld eingebettet ist, und andererseits mögliche Heilsversprechungen relativiert werden.
Gleich ein Hinweis vorweg: In der Schweiz sind die Nicht-Stim- menden (fast) immer in der Mehrheit! Es gibt folglich keine Garantie, dass Volksrechte die Beteiligung der Bevölkerung an politischen Fragen längerfristig erhöhen. Auch lassen sich nicht alle gesellschaftlichen Gruppen in die politischen Entscheidungen mit einbeziehen.
Um das Funktionieren der direkten Demokratie einordnen zu können, muss das politische System der Schweiz beleuchtet werden. Im Vergleich zu anderen Systemen gibt es kein Staatsoberhaupt, keine Verfassungsgerichtsbarkeit, das Parlament kann nicht aufgelöst werden, die Regierung ist eine Kollegialbehörde mit gleichberechtigten Mitgliedern, die ohne Möglichkeit einer Abwahl für vier Jahre gewählt wird.
Der wohl markanteste Unterschied zu Österreich: Die Regierungssitze werden auf die vier wählerstärksten Parteien verteilt. Dies ist die Konsequenz der Konkordanz- und Konsensdemokratie, die wiederum durch die