Im Westen geht die Liebe auf
MQan kennt Geschichten wie diese: Der Sohn verliebt sich. Vorbehaltlos und ohne Rücksicht auf seine Familie. Er ahnt, dass die junge Frau, die ihm den Kopf verdreht hat, nicht besonders gut ankommen würde in seinen Kreisen. Also behält er sein Geheimnis vorerst für sich.
Wann hat er seine Angebetete erstmals gesehen? Darüber schweigen die Quellen. Doch lange lassen sich so heftige Gefühle wie die seinen nicht verbergen. Allein, er kennt seinen Vater: Nie und nimmer würde der seinen Segen geben zu einer Verbindung wie dieser. Was also tun? Sich den väterlichen Direktiven fügen oder unbeirrt zu seiner Leidenschaft stehen? Die Dame, die ins Zentrum des Konflikts rückt, wartet klugerweise zu. Als Tochter eines Augsburger Patriziers schämt sie sich nicht für ihre Herkunft. Doch sie weiß, dass sie nicht hochwohlgeboren genug ist für ihren Gatten, mit dem sie in aller Stille getraut wird.
Ein erster Bub kommt zur Welt, in Abgeschiedenheit und Heimlichkeit. Der richtige Moment, um die Verehelichung offiziell zu machen? Der glückliche Vater informiert den Großvater über den Nachwuchs. Dieser tobt – gibt sich dann doch einen Ruck und beauftragt einen Vertrag: Er verpflichtet die frisch gebackenen Eltern zu Verschwiegenheit und legt ihnen nahe, ihren Sohn und weitere Nachfahren als Findelkinder auszugeben und sie auf diese Weise in den Haushalt zu integrieren, wo für sie gesorgt sein würde, auch mit Mitteln aus der großväterlichen Schatulle. Von sonstigen Ansprüchen aber würden sie ausgeschlossen sein.
Mit einem derartigen Friedensangebot kann man gut leben. Im Westen des Reichs, in dem sich das Ehepaar niederlässt, ist man ohnehin ein Stück entfernt von Wien und den mächtigen Höfen Europas, wo man sich über eine derartige Mesalliance das Maul zerrissen hätte. Den Untertanen, über die der solcherart in seinem Liebesglück schwebende Landesfürst herrscht, sind derlei Dünkel egal: Sie verehren seine mildtätige Frau, die als heilkundig gilt und oft genug zu Hilfe eilt, wenn Kräuter aus dem Garten ihres prächtigen Renaissance-Schlosses benötigt werden. 1580 stirbt sie. Zwei Jahre später heiratet der Mann neuerlich: diesmal standesgemäß.
Wer traf wen? Wer war der gestrenge Vater? Mit welchem Schloss hat sich sein Sohn ein Denkmal gesetzt?