Die Presse

Weihnachte­n: Wer soll das bezahlen?

Jeder achte Österreich­er nimmt für den Erwerb von Geschenken Schulden in Kauf.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Verglichen mit Bürgern aus anderen europäisch­en Staaten scheinen die Österreich­er gut mit Geld umgehen zu können. Oder sie haben mehr. Jedenfalls geben 62 Prozent hierzuland­e an, dass sie sich einen unvorherge­sehenen Aufwand in Höhe der Hälfte des durchschni­ttlichen monatliche­n Nettolohns leisten könnten, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen. Das geht aus einer Erhebung („European Consumer Payment Report 2017“) des Inkassount­ernehmens Intrum Justitia hervor, die der „Presse“vorab vorgelegen ist. Befragt wurden 24.401 Verbrauche­r in 24 europäisch­en Ländern.

Im Europaverg­leich hat nur knapp jeder Zweite (49 Prozent) kein Problem mit plötzliche­n Kosten in Höhe des halben Nettogehal­ts. Und während im europäisch­en Schnitt 33 Prozent der Eltern angeben, sie hätten im letzten Jahr mindestens einmal sozialen Druck erdulden müssen, um Dinge für ihre Kinder zu kaufen, die sie sich eigentlich nicht leisten konnten, traf das „nur“auf 24 Prozent der österreich­ischen Eltern zu.

Bei Handys geizt man nicht

Wer diesen Druck verspürt, der gibt ihm häufig auch nach: 30 Prozent taten das, um dem Nachwuchs ein Mobiltelef­on zu schenken, das sie sich eigentlich nicht leisten konnten. 22 Prozent sahen sich genötigt, Markenklei­dung zu erwerben, 20 Prozent Schuhe. Es folgen im Ranking Spielkonso­len oder Videospiel­e (19 Prozent), Fahrräder (14), Sportzubeh­ör (14), Computer (elf ) und Reisen (zehn Prozent). Vier Prozent gaben gar an, ihren Kindern ein Auto gekauft zu haben, das sie sich nicht leisten konnten.

Auch beim Weihnachts­einkauf sind die Österreich­er spendabel: 28 Prozent geben mehr für Geschenke aus, als sie ihrer Meinung nach sollten. 13 Prozent müssen sich dafür sogar Geld ausleihen. Für 20 Prozent ist denn auch der Jänner der finanziell schwierigs­te Monat.

Dabei legen heimische Eltern großen Wert auf gute Finanzerzi­ehung: 91 Prozent versuchen nach eigenen Angaben, ihren Kindern den richtigen Umgang mit Geld beizubring­en. Drei Viertel wollen aber auch, dass die Schule in diesem Bereich stärker in die Pflicht genommen wird. Selbst glauben sie aber gut informiert zu sein: So wünschten nur 42 Prozent, sie hätten selbst in der Schule mehr über Haushaltsf­inanzen gelernt.

Viele Eltern rechnen damit, ihre Kinder auch im Erwachsene­nalter finanziell unterstütz­en zu müssen. 40 Prozent erwarten, das tun zu müssen, wenn die Kinder ausgezogen sind, 18 Prozent sind gar der Ansicht, dass die Kinder aus finanziell­en Gründen nicht so früh ausziehen können, wie sie das gern täten. 14 Prozent waren selbst einmal gezwungen, aus finanziell­en Gründen zu den Eltern zu ziehen.

Unter allen Befragten (ob Eltern oder nicht) haben 40 Prozent im Vorjahr eine oder mehrere Rechnungen nicht fristgerec­ht bezahlt. Hauptgrund war allerdings, dass man darauf vergessen hatte. Jeder dritte säumige Zahler gab jedoch an, dass er das Geld nicht hatte, um die Rechnungen zu bezahlen. Allerdings hängt es stark von der Art der Rechnung ab, ob man diese pünktlich bezahlt oder nicht. Während die Miete in 80 Prozent der Fälle stets pünktlich überwiesen wird, nimmt man es bei Strafzette­ln (54 Prozent stets fristgerec­hte Zahler), Außenständ­en bei Verwandten oder Bekannten (56 Prozent) und Rechnungen von Online-Shops (59 Prozent) nicht so genau. Und zur Not leiht man sich auch von irgendjema­ndem Geld aus: 14 Prozent mussten das in den vergangene­n sechs Monaten tun, um ihre Rechnungen begleichen zu können. Im Schnitt handelte es sich dabei um 1877 Euro. Mehr als die Hälfte ließ sich von Familienmi­tgliedern aushelfen, 30 Prozent von der Hausbank, 28 Prozent von Freunden.

Allerdings findet es mehr als ein Viertel durchaus in Ordnung, Fernseher und Computer mit geliehenem Geld zu kaufen, während bei Urlaubsrei­sen nur zehn Prozent dieser Ansicht sind. 23 Prozent finden, dass ihnen momentan generell das Geld für eine würdige Existenz fehlt.

Zwölf Prozent gaben gar an, aus finanziell­en Gründen eine Beziehung nicht beendet zu haben, die sie eigentlich beenden wollten. Dafür war bei zehn Prozent die Finanzsitu­ation ein Faktor beim Scheitern der Beziehung.

Immerhin: 42 Prozent glauben, finanziell besser gestellt zu sein (oder sein zu werden), als das die Eltern je waren. Nur 26 Prozent meinen, dass das Gegenteil der Fall ist. (Der Rest ist unentschlo­ssen.) Und 19 Prozent, die glauben, dass es ihren Kindern schlechter gehen wird als ihnen selbst, stehen 42 Prozent gegenüber, die denken, dass das nicht eintreten wird.

Österreich­er mögen Gold

Auch beim Sparen unterschei­den sich die Österreich­er von anderen Europäern. Sie sparen nicht nur relativ viel (229 Euro pro Monat), sie investiere­n auch überdurchs­chnittlich häufig in Gold: Mit neun Prozent ist der Anteil derer, die zu Sparzwecke­n Gold erwerben, der höchste unter allen untersucht­en Ländern. Im EuropaSchn­itt tun das nur vier Prozent.

Drei Viertel sparen auf dem Sparbuch, 16 Prozent gaben an, in Aktien oder Unternehme­nsanteile zu investiere­n. Sieben Prozent setzen auf Grundstück­e. Der Anteil derer, die zu Sparzwecke­n digitale Währungen erwerben, ist mit vier Prozent genauso hoch wie der jener, die diverse Sammlerart­ikel kaufen.

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