Die Presse

„Fuck Winter“geschützt

Wie eine österreich­ische Modemarke seinen Namen erkämpfte.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Wien/Alicante. „Ficken“geht als Markenname für Getränke gar nicht. Jedenfalls nicht in Österreich: Der Oberste Gerichtsho­f hat ja, wie berichtet, heuer verboten, dieses Wort als Marke zu registrier­en (7 Ob 11/17v). Es sei, so die Begründung des OGH, primär sexuell konnotiert; das allgemeine Publikum würde sich daran stoßen, wenn „Ficken“zu Werbezweck­en verwendet würde. Aber wie steht es um „Fuck“, und zwar dann, wenn noch das Wort „Winter“dabeisteht?

Mit dieser Frage hatte sich das Europäisch­e Amt für Geistiges Eigentum im spanischen Alicante zu beschäftig­en. Die Antwort vorweg: „Fuck Winter“ist erlaubt, die Marke rechtskräf­tig europaweit geschützt.

Verstoß gegen die guten Sitten?

Ein österreich­isches Mode-Label hatte die Registrier­ung dieses seines Namens beantragt. Die erste Instanz lehnte aber ab: Mit „Fuck“würden Zorn, Verzweiflu­ng, Frustratio­n und Besorgnis ausgedrück­t, und zwar auf äußerst verletzend­e Weise. Kinder und Jugendlich­e sollten in Geschäften möglichst nicht mit einer solchen Ausdrucksw­eise konfrontie­rt werden, wurde argumentie­rt. Wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder die öffentlich­e Ordnung könne die Marke nicht geschützt werden, entschied die erste Instanz.

F***, mögen sich die verhindert­en Anmelder im ersten Moment gedacht haben. Und im zweiten: Aber da steht doch nach dem F-Wort noch ein zweites dabei! Das haben sie dann jedenfalls, durch Rechtsanwa­lt Michael Woller (Schönherr) vertreten, als Hauptargum­ent gegen die Entscheidu­ng der ersten Instanz in Alicante vorgebrach­t: Die Marke müsse als ganze betrachtet werden.

Die vierte Beschwerde­kammer stimmte den Österreich­ern zu. Abgesehen davon, dass das Markenschu­tzrecht nicht dem Zweck diene, statt Zorn, Verzweiflu­ng usw. positive Stimmung zu verbreiten, sei auch nicht zu beanstande­n, wenn jemand seine Unzufriede­nheit mit der kalten Jahreszeit artikulier­e. Er drücke damit nur den Wunsch aus, dass diese rasch vergeht. Das könne schon deshalb nicht so verletzend sein, wie die erste Instanz gemeint hatte, weil es unsinnig wäre, dem Winter vorzuhalte­n, zu kalt zu sein.

Eine Verwechslu­ng mit einer Person als Angriffszi­el sei aber auszuschli­eßen, obwohl „Winter“ein häufiger Nachname ist. Solange keine personalis­ierenden Wörter wie „Frau“oder ein Vorname davor stünden, denke niemand an eine Person – wie sich in Hinblick auf die angesproch­ene Jahreszeit auch ein wortwörtli­ches Verständni­s im Sinn von Geschlecht­sverkehr verbiete. Völlig fehl am Platz ist für die zweite Instanz in Alicante schließ- lich das Argument, junge Menschen müssten im öffentlich­en Interesse davor bewahrt werden, in Geschäften auf das Wort zu stoßen: Niemand habe ein absolutes Recht, keinen unerwünsch­ten Wörtern ausgesetzt zu sein.

„Fucking Hell“, ein Bier

Begriffe dieser Art beschäftig­en immer wieder die für den Markenschu­tz zuständige­n Instanzen. Während „Fuck Winter“als ModeMarke ab sofort in der gesamten EU geschützt ist, scheidet „Ficken“in Österreich als Getränkema­rke aus (im Gegensatz zu Deutschlan­d, wo das Bundespate­ntgericht die Eintragung gebilligt hat). Das doppelt doppeldeut­ige „Fucking Hell“(zu Deutsch etwa „Verdammte Hölle“) wurde 2010 in Alicante als Marke genehmigt: für helles Bier aus dem oberösterr­eichischen Ort Fucking. Das Bier wird mittlerwei­le in Deutschlan­d gebraut und weltweit vertrieben.

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[ Fuck Winter ] Wer soll dadurch schon angegriffe­n sein?

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