Die Presse

Die AfD testet ihre Grenzen nach rechts aus

Deutschlan­d. Das gemäßigter­e Lager erlitt beim Parteitag eine krachende Niederlage, aber das Rechts-außenLager um Björn Höcke hat auch keine Mehrheit. In Sachen Regierungs­beteiligun­g gibt es Tipps von der FPÖ.

- Von unserem Korrespond­enten JÜRGEN STREIHAMME­R

Hannover. In Hannover schneit es. Ein paar Polizisten stapfen durch den Schneemats­ch rund um das Kongressze­ntrum. Es ist nichts zu tun, Demonstran­ten sind weit und breit nicht in Sicht. Anders als am Vortag. Und drinnen, auf dem Parteitag der Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD), wird noch immer über den Machtkampf vom Vorabend getuschelt. Das rechtsnati­onale Lager um Björn Höcke hat den gemäßigter­en Georg Pazderski als Co-Parteichef verhindert. Am Ende wurden Alexander Gauland, schon jetzt Co-Fraktionsc­hef, und Jörg Meuthen an die Doppelspit­ze der Partei gewählt.

Hintergrün­dig ging es dabei auch um die Frage, ob sich die AfD gegen rechts außen abgrenzen will. Die Antwort, die die Basis gegeben hat, lautet Nein. Rückt die AfD also weiter nach rechts, wie nun zu hören ist? Ein prominente­r AfD-Mann schätzt die Stärke des „Flügels“, wie sich das Lager um den nationalis­tischen Ideologen Höcke nennt, auf „30 Prozent“. Es blieb fast unbemerkt, aber Andre´ Poggenburg, AfD-Chef in Sachsen-Anhalt und Höckes rechte Hand, scheiterte mit seiner Kandidatur für einen der drei Posten als Vizepartei­chef. Für den Vorstand kandidiert­e er dann gar nicht mehr. Eine Niederlage. Höcke selbst trat am Sonntag noch einmal ans Mikrofon. Es ging um die Kandidatur seiner Widersache­rin Alice Weidel für einen Vorstandsp­osten. Höcke sprach mit Blick auf die 38-Jährige von einer „Sonnenköni­gin“und unterstell­te Weidel, schon jetzt Co-Fraktionsc­hefin, implizit Ämteranhäu­fung.

Co-Parteichef Meuthen rief Strache an

Der Konflikt auf dem Parteitag kreist auch um die Frage, wie es die AfD prinzipiel­l mit einer Regierungs­beteiligun­g hält. Eine Entscheidu­ng drängt freilich nicht, im Bundestag will niemand an der AfD anstreifen. Die Partei ist bei dem Thema tief gespalten. Gauland selbst hat darüber zu Pfingsten mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer gesprochen, wie er in Hannover erzählt. Die beiden hätten ihm dazu geraten, sich nicht zu früh in Regierungs­verantwort­ung zu begeben: „Da werdet ihr nur über den Tisch gezogen.“Die AfD solle warten, bis sie so stark sei, „wie es die FPÖ jetzt geworden ist“. Strache stand Petry dem Vernehmen nach näher als Gauland, dessen AfD er mit dem FPÖ-Vorgänger VdU verglich. Dass die AfD noch in den Kinderschu­hen steckt, zeigt sich daran, dass sie in zentralen Fragen wie der Rentenpoli­tik kein Konzept hat. Einen offenen Richtungsk­ampf könnte es demnächst auch über die Sozialpoli­tik geben. Das rechtsnati­onale Lager wirbt hinter den Kulissen dafür, „mehr Kapitalism­uskritik zu wagen“. Co-Parteichef Jörg Meuthen, ein Wirtschaft­sliberaler, ist strikt dagegen.

Meuthen rückte in diesen Tagen ins EUParlamen­t nach. Der Fraktion ENF, der auch die FPÖ angehört, schloss er sich nicht an, es zog ihn ins Lager der britischen Ukip-Partei. Teile der FPÖ waren darüber angeblich irritiert. Meuthen rief deshalb nach „Presse“-Informatio­nen in der Vorwoche Strache an, um die Sache zu klären. Denn der AfD-CoChef schätzt die FPÖ, aber nicht den Front National, der ebenfalls der ENF-Fraktion angehört. Die Franzosen sind ihm zu links. Aber das sehen eben nicht alle in der AfD so.

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