Die Presse

Die Knackpunkt­e für die Koalition

Regierung. Vor Weihnachte­n soll die neue schwarz-blaue Regierung angelobt werden. Worüber sich die beiden Partner bis dahin noch einig werden müssen.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Am Wochenende haben sich die Koalitions­verhandler eine Pause gegönnt, am Montag trifft sich die Steuerungs­gruppe mit den Parteichef­s Sebastian Kurz und HeinzChris­tian Strache wieder. Diesmal geht es ohne Öffentlich­keit um die nächsten Knackpunkt­e auf dem Weg zu einer neuen Regierung. Dass Schwarz-Blau noch scheitern könnte, glaubt eigentlich niemand. Trotzdem gibt es noch etliche Knackpunkt­e, für die es vor einer Angelobung eine Einigung geben muss:

1 Wie viel direkte Demokratie wird erlaubt?

ÖVP und FPÖ wollen die direkte Demokratie ausbauen – aber wie weit wird man dabei gehen? Die FPÖ will eine verpflicht­ende Volksabsti­mmung, wenn vier Prozent der Wahlberech­tigten ein Volksbegeh­ren unterzeich­net haben, die ÖVP setzt die Latte auf zehn Prozent. Da wird man sich wohl irgendwo in der Mitte treffen. Offen ist aber auch, zu welchen Themen das Volk überhaupt befragt werden darf. So will die ÖVP beispielsw­eise EU-Recht und einen Ausstieg aus der EU nicht zum Abstimmung­sthema machen, die FPÖ dagegen kann sich eine Öxit-Abstimmung sehr wohl vorstellen.

2 Wie schafft man Steuerentl­astung und Nulldefizi­t?

Über diese Frage haben sich die Verhandler bisher kaum geäußert – sie bietet aber das meiste Konfliktpo­tenzial. Beide Parteien haben im Wahlkampf erklärt, die Steuer- und Abgabenquo­te auf 40 Prozent des BIPs senken zu wollen. Damit gäbe es erhebliche­s Potenzial für Entlastung­en. Es müssten aber auch gleichzeit­ig Ausgaben in beträchtli­chem Ausmaß gekürzt werden – etwa im Bereich der Förderunge­n. Dazu kommt, dass in den Koalitions­verhandlun­gen in mehreren Bereichen bereits Mehrausgab­en vereinbart wurden, beispielsw­eise beim Bundesheer, bei dem das Budget um eine Milliarde Euro steigen soll.

3 Werden die Sozialvers­icherungsa­nstalten zusammenge­legt?

Geplant ist dieser Schritt, es gibt aber erhebliche­n Widerstand aus den Bundesländ­ern und aus Teilen der ÖVP. Diese Kräfte wehren sich auch gegen den FPÖ-Wunsch, die Selbstverw­altung der Sozialvers­icherungsa­nstalten abzuschaff­en und die Führung durch die Regierung bestimmen zu lassen. Ähnliches gilt für die geplante Abschaffun­g der Pflichtmit­gliedschaf­t in den Kammern: Auch da gibt es in der ÖVP Widerständ­e, in diesem Fall vom Wirtschaft­sbund und von den christlich-sozialen Arbeitnehm­ervertrete­rn.

4 Welche Minister kommen in die Regierung?

Nach offizielle­r Sprachrege­lung wird erst am Schluss über das Personal gesprochen – in Wahrheit dürfte das Feilschen um die Posten aber längst eingesetzt haben. Die FPÖ wünscht sich die großen Ressorts Innen, Außen und Soziales. Ob sie alle drei bekommt, ist fraglich. Ebenso, in welcher Form der Bundespräs­ident bei der Besetzung mitreden wird. Alexander Van der Bellen hat schon angekündig­t, zwei potenziell­e FPÖMiniste­r, nämlich Harald Vilimsky und Johann Gudenus, ablehnen zu wollen. Und der Präsident will genau darauf schauen, wer das Außen- und das Innenminis­terium bekommt.

5 Wird das Rauchverbo­t in Lokalen doch nicht umgesetzt?

Eigentlich wäre die Sache schon entschiede­n: Im Mai kommenden Jahres sollte nach langer Übergangsf­rist ein generelles Rauchverbo­t in Kraft treten. Doch die FPÖ will das noch kippen, die ÖVP war in einer ersten Reaktion ablehnend. Wer sich durchsetzt, wird davon abhängen, welchem der beiden Partner das Thema wichtiger ist – und wer es als Verhandlun­gsmasse einsetzt.

 ?? [ APA ] ?? Noch vor Weihnachte­n wollen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache (v. l.) ihren Koalitions­pakt ausverhand­elt haben.
[ APA ] Noch vor Weihnachte­n wollen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache (v. l.) ihren Koalitions­pakt ausverhand­elt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria