Das Strahlen der neuen Speed-Queen
Ski. Mikaela Shiffrin, 22, verblüfft nicht nur die Szene, die Amerikanerin kann den Abfahrtssieg von Lake Louise selbst kaum glauben. Ihr fehlt nur noch der Super-G-Sieg zur Vollkommenheit.
Lake Louise. Was haben die Salzburgerin Petra Kronberger, Pernilla Wiberg (SWE), Janica Kostelic´ (CRO), Anja Pärson (SWE), Lindsey Vonn (USA) und Tina Maze (SLO) gemein? Sie sind großartige Skifahrerinnen, und dieses Sextett feierte als einziges in allen fünf Alpin-Disziplinen Weltcupsiege. Nach der Abfahrt von Lake Louise könnte bald ein weiterer Skistar diese Allrounder-Auszeichnung erreichen und in diese elitäre Riege Einzug halten: Mikaela Shiffrin.
Die Amerikanerin, 22, zählt nach Slalom, Riesentorlauf und Kombination nun auch in der Königsdisziplin, der Abfahrt, zur Weltspitze. Nur noch ein Sieg im Super fehlt ihr, Beobachtern zufolge sei das aber nur noch eine Frage der Zeit. Denn die Demonstration in Lake Louise, Haltung und Speed (130 km/h) waren mehr als nur überzeugend. Sie selbst sagt: „Das ist doch vollkommen verrückt.“
Bewunderung der Konkurrenz
Bereits am Freitag hatte die bis dato jüngste Slalom-Olympiasiegerin mit Platz drei in der ersten Lake-Louise-Abfahrt hinter der steirischen Comeback-Siegerin Cornelia Hütter und Tina Weirather ihre neue Speed-Stärke bewiesen. 25 Stunden später nutzte sie auf verkürzter Strecke die Gunst der Stunde („Ich hatte Sonnenschein, andere Nebel und schlechtes Licht“) und raste vor Viktoria Rebensburg (GER/+0,13 Sek.), Michelle Gisin (SUI/0,17) und Hütter (0,19) zum Sieg.
Diese Vorstellung ruft nicht nur Verwunderung, sondern auch große Bewunderung bei den Konkurrentinnen hervor. Super-GOlympiasiegerin Anna Veith, die mit Startnummer eins als zweitbeste ÖSV-Dame 15. wurde und damit ihr Comeback als geglückt bezeichnen kann, war voll des Lobes für Shiffrin. „Es war nur eine Frage der Zeit. Ich habe es eigentlich schon im Training vorausgesagt. Sie war in Copper Mountain schon extrem schnell unterwegs gewesen und hat das jetzt auch im Rennen gezeigt. Sie ist eine extrem gute, eine sehr große Skifahrerin. Ich habe viel Respekt vor ihr und dieser Leistung“, sagte die 28-jährige Salzburgerin.
Die steirische Super-G-Weltmeisterin Nicole Schmidhofer, die mit Platz 18 zufrieden sein musste, bemühte indes einen Vergleich mit Marcel Hirscher: „Ich glaube, dass es bei ihr so ähnlich ist wie bei ihm. Irgendwann wird es für sie vielleicht mit dem Ziele-Setzen schwierig, vor allem wenn man so ein junges Dirndl ist wie sie. Aber die ist so ehrgeizig, die wird sicher immer wieder was finden.“
Mamas Tricks und DVD-Schule
Es ist die nächste Evolutionsstufe einer Karriere, die maßgeschneidert wirkt. Was einst in Vail unter den Argusaugen von Mutter Eileen begann, in der Burke Mountain Academy zu Vermont geschult wurde und jetzt von Atomic ausgerüstet sowie von Manager Kilian Albrecht begleitet wird, ist eine Erfolgsgeschichte geworden. Dekoriert mit Olympiagold (Slalom, 2010), drei WM-Siegen (jeweils Slalom), 33 Weltcupsiegen (Abfahrt 1, RTL 4, Slalom 26, ParallelEvent 1, Kombination 1), vier kleinen und einer großen Kristallkugel – Shiffrin ist der Star der Skiszene.
Sie erzählt oft von der Arbeit mit ihrer Trainer-Mutter, Shiffrin lächelt dabei und man merkt, dass sie Vergleiche mit anderen Sportfamilien tunlichst zu vermeiden versucht. Die Familie ist Skibesessen, in Amerika gilt man damit weiterhin als Exot. Während andere Teenager ins Kino gingen, saß sie daheim und studierte eine DVD („Worldcup winning runs“), die Siege diverser Größen in unterschiedlichen Sparten analysiert. Sie studierte die Bewegungsmuster, die Mutter gab Tipps zu Tempo und Material. Und, die Mutter sorgte stets auch dafür, dass Trainer, die nicht in ihr System passten, umgehendst vom US-Skiverband ausgetauscht wurden. Dass es bald eine Shiffrin-DVD mit allen Siegen geben wird, wäre kaum verwunderlich.
Scheinbar sind Mikaela Shiffrin wirklich keine Grenzen gesetzt, sie gewann ja auch ihre erste Abfahrt bereits im vierten Versuch. Sie wird weitere Rennen gewinnen, das ist keine gewagte Prognose. Die 22-Jährige wird auch im Super G triumphieren, das ist ein Versprechen. (fin)