Polemik, Kraut und Rüben
Die Jagd und der Naturschutz: Wilde Spekulationen sollten nicht Teil einer Sachdebatte werden; Verschwörungstheorien auch nicht.
Die von Kurt Kotrschal in seiner Kolumne am 21. 11. angeführten Behauptungen gründen zusätzlich zu wilden Spekulationen und Medienberichten offenbar auf einer einzigen Quelle: der noch nicht überarbeiteten Website des erst in Gründung befindlichen Dachverbandes „Jagd Österreich“. Doch selbst dort ist mehr und anderer Inhalt zu finden, als er seiner Leserschaft verrät. Ich sehe mich daher als externer Berater der Landesjägermeisterkonferenz gezwungen, die von Kotrschal vorenthaltenen Fakten hier nachzuliefern:
1. Den Jägerschaften geht es mit der neuen Dachmarke nicht nur ums Image, sondern um den Erhalt der gesellschaftlichen Anerkennung für diese unverzichtbare Form nachhaltiger Landnutzung. Sie ist also ein kommunikatives Werkzeug, Verständnis nach außen zu erhalten oder zu schaffen sowie Orientierung nach innen, also für die 123.000 Jägerinnen und Jäger, zu geben. Dafür sind Werte ausformuliert worden, die nicht „alt“sind, sondern die Kernkompetenzen dieses alten Handwerks zukunftsorientiert beschreiben.
2. Unter diesen vier Leistungsbereichen findet sich auch das Versprechen der Jagd, weiterhin „Wild & dessen Lebensräume in seiner Vielfalt sichern und erhalten zu wollen“(Seite 11). Man muss schon Schwierigkeiten mit sinnerfassendem Lesen haben oder die veröffentlichte Information sehr oberflächlich lesen, um diese Inhalte derart grob misszuverstehen.
Jägerschaften als Partner
Dort steht beispielsweise im Kapitel „Charta Jagd Österreich“(Seite 21) unter der Überschrift „Jagd ist wesentlicher Bestandteil des Naturschutzes“(!) sehr ausführlicher Inhalt, der die Mitverantwortung der Jagd für Natur- und Artenschutz mehrfach betont.
3. Nun mag der Begriff „Mitverantwortung“nicht zwingend zum Standardrepertoire eines Biologen gehören. Im Bereich der Ethik ist er hingegen sehr geläufig. Deshalb sehen sich die Jägerschaften als „wesentliche Partner aller an der Natur interessierten Nutzungs- und Interessengruppen“(Seite 21), was natürlich nur als ein eindeutiges Bekenntnis zum umfassenden und wissensbasierten Naturschutz verstanden werden kann.
Vorenthalten werden auch Inhalte der Dachmarke, welche die Nachhaltigkeit und das partnerschaftliche Miteinander in der uns gemeinsamen Natur betonen. „Alt“sind hier offenbar nur die Interessen, „alte“Feindschaften und -bilder zu bedienen und künstlich aufrechtzuerhalten, um vermutlich die eigene „alte“Klientel bei der Stange zu halten. Aber hier bewegen wir uns im Feld der wilden Spekulationen.
Und die sollte ja nicht Teil einer Sachdebatte sein; ebenso wenig wie verschwörungstheoretische Ansätze zu Verfilzungen und dunklen Seilschaften im Hintergrund. Nobelpreisträger Konrad Lorenz hat uns Kommunikatoren die Formel, „Verstehen setzt zuhören voraus“, hinterlassen. Zugegeben: Im Zeitalter von Fake News sind diese „alten“Tugenden der Wissenschaft und des Journalismus nicht gerade im Trend.