Die Presse

Das Ende von Ex-Diktator Saleh

Jemen. HouthiRebe­llen töteten ExStaatsch­ef Saleh, der erst vor wenigen Tagen ins Lager der Saudis übergelauf­en war.

- Von unserem Korrespond­enten KARIM EL-GAWHARY

Kairo/Sanaa. Der leblose Körper lag auf einer bunten Wolldecke. Auf einer Seite des Kopfes klaffte eine Wunde. So präsentier­ten die schiitisch­en Houthi-Kämpfer die Leiche des ehemaligen jemenitisc­hen Diktators Ali Abdallah Saleh. „Lobet Gott!“, riefen die Kämpfer. Die grausame Szene verbreitet­e sich per Video in Windeseile im Internet. Saleh hatte versucht, Sanaa mit einem Fahrzeug zu verlassen, das dann offenbar in einen Hinterhalt geriet. Er soll von einem Scharfschü­tzen getötet worden sein.

Damit haben die dramatisch­en Kämpfe rund um Sanaa, die jemenitisc­he Hauptstadt, einen neuen Höhepunkt erreicht. Schiitisch­e Houthi-Milizen nahmen eigenen Angaben zufolge unter dem Einsatz von Panzern und schwerer Artillerie Stellungen der Truppen von ExPräsiden­t Saleh ein. Dabei sprengten sie auch dessen Haus in die Luft. Saleh hatte sich vorige Woche von den Houthi-Rebellen losgesagt, mit denen er zuvor gemeinsam gegen die saudisch-dominierte Militärall­ianz gekämpft und weite Teile des Nordens des Landes kontrollie­rt hatte. Damit brach eine neue Konfliktli­nie in dem Krieg auf.

Die Saudis hatten hoch gepokert, indem sie Salah zum Bruch mit den Houthis angestifte­t und ihm militärisc­he Hilfe zugesagt hatten. Sie wollten damit den Iran, der die Houthis unterstütz­t, zurückdrän­gen. Nun haben sie verloren. Es ist noch unklar, wie sich das alles auf den Krieg auswirken wird. Wenn die Houthis in Sanaa triumphier­en, hätte das sicher einen Rachefeldz­ug zur Folge gegen alle, die sich mit Saleh solidarisi­ert haben. Möglich ist aber auch, dass die saudische Seite nun den Krieg eskaliert und zusammen mit ihren jemenitisc­hen Partnern doch noch versucht, eine militärisc­he Entscheidu­ng in Sanaa herbeizufü­hren.

In jedem Fall stehen den Einwohnern Sanaas, die schon seit mehr als drei Jahren unter dem Krieg leiden, schwierige Zeiten bevor. Einer der Einwohner der Stadt twitterte in der Nacht zum Montag: „Als jemand, der zuvor beides erlebt hat, Straßenkäm­pfe in Aden und Luftangrif­fe in Sanaa, kann ich sagen, dass Straßenkäm­pfe für die Zivilisten viel schlimmer sind. Aber beides gleichzeit­ig zu erleben ist das Allerschli­mmste.“

Chance für Diplomatie

Es war schon bisher ein erbarmungs­loser Krieg mit bisher über 10.000 Toten, zwei Millionen Menschen, die aus ihren Häusern fliehen mussten und 17 Millionen Menschen, die in Folge des Krieges von einer Hungersnot, Cholera und Diphtherie bedroht sind. Mit den jetzt ausgebroch­enen Kämpfen in Sanaa hat der Krieg einen neuen Höhepunkt erreicht, der aber auch Bewegung in den seit Jahren festgefahr­enen Konflikt bringen könnte.

Der UN-Generalsek­retär Anto-´ nio Guterres hat nun alle Kriegspart­eien im Jemen aufgerufen, ihre Luft- und Bodenangri­ffe einzustell­en. Krankenwag­en und medizinisc­hen Helfern sei es nicht mehr möglich, die Verletzten zu erreichen. Die Menschen würden sich nicht aus den Häusern wagen, um Essen und das Notwendigs­te zu kaufen, erklärt er. Laut Internatio­nalem Roten Kreuz trauen sich auch deren Mitarbeite­r derzeit nicht auf die Straße. In den vergangene­n Tagen seien Hunderte Verletzte in die Krankenhäu­ser Sanaas eingeliefe­rt worden, wo es an Medizin und Platz mangle und ständig der Strom ausfalle, berichtet die Organisati­on.

„Wir wissen nicht, wie lang wir das noch aushalten können“, twittert einer der Einwohner der Stadt. Aber es ist unwahrsche­inlich, dass die Kämpfe nachlassen werden, bevor eine Seite das Blatt zu ihren Gunsten gewendet hat. Denn kriegsents­cheidend für beide Konfliktpa­rteien ist, wer am Ende die jemenitisc­he Hauptstadt kontrollie­rt.

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[ AFP ] Ali Abdullah Saleh als Zielscheib­e. Ein Houthi-Kämpfer posiert vor einem durchlöche­rten Foto des Ex-Diktators.

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