Statt neuen Präsidenten bekam Honduras den Ausnahmezustand
Analyse. Die Auszählung nach der Präsidentenwahl dauerte verdächtig lang. Das brachte die Bürger auf die Straße – und führte zu Ausgangssperren.
Buenos Aires/Tegucigalpa. Vor neun Tagen gaben etwa 2,3 Millionen Honduraner ihre Wählerstimmen ab. Doch anstelle eines offiziellen Ergebnisses bekam das kleine und arme mittelamerikanische Land den Ausnahmezustand.
Mit einer nächtlichen Ausgangssperre will die Regierung des Präsidenten Juan Orlando Hernan-´ dez die massiven Proteste ersticken, die vor allem die Metropole Tegucigalpa und die Industriestadt San Pedro Sula erfasst haben. Hunderte, vor allem junge Demonstranten wurden festgenommen, mindestens drei Menschen starben. Trotz des seit Freitag geltenden Sonderrechts protestierten auch am Wochenende Zehntausende gegen jene Vorgänge, die sie als Wahlbetrug der Regierung wahrnehmen.
Für solche Vorwürfe gibt es Indizien. Der letzte nationale Urnengang vor vier Jahren war binnen 15 Stunden komplett erfasst worden, aber dieses Mal ging alles verdächtig langsam. Das lag vor allem daran, dass die Wahlleitung am Tag nach dem Urnengang die Auszählung unterbrach, angeblich, weil das Computersystem ausgefallen war. Zu diesem Zeitpunkt waren etwa 57 Prozent der Stimmen registriert, und die Opposition lag mit fünf Prozentpunkten vorn. Das Bündnis Libre ist eine Koalition mehrerer Linksparteien, die sich einen populären Spitzenkandidaten gesucht haben: Salvador Nasralla moderiert Fußballsendungen und Gameshows im TV, er ging in die Politik aus Protest gegen die massive Korruption des Präsidenten Hernandez.´ Dieser repräsentiert die traditionellen Eliten des Landes, die 2009 hinter dem Putsch gegen den gewählten Präsidenten, Manuel Zelaya, standen, der sich vom US-unterstützten Establishment ab- und dem roten Venezuela zugewandt hatte.
Der Putsch gegen Zelaya war dereinst gerechtfertigt worden mit dessen Aspirationen auf eine zweite Amtszeit, die in der Verfassung nicht vorgesehen ist. Doch nun war es der liberalkonservative Hernandez,´ der sich über das Grundgesetz hinwegsetzte. Dazu ermächtigte ihn der nationale Wahlrat, in dem seine Partei den Vorsitzenden stellt, die linke Opposition aber nicht vertreten ist.
Schützenhilfe in Washington
Dass diese Wahlbehörde nach der „technischen“Pause den Präsidenten Hernandez´ vor dem Herausforderer Nasralla listete, brachte die Oppositionsanhänger auf die Straße. Daraufhin rief Hernandez´ den Ausnahmezustand aus. Auf das Militär kann er sich verlassen, dort hat er, wie in der Justiz, Verwandte und Vertraute postiert. Montagfrüh, nach der Auszählung von 97 Prozent der Stimmen, verzeichnete der Wahlrat den Präsidenten Hernandez´ bei knapp 43 Prozent, während Herausforderer Nasralla mit 41,4 Prozent gelistet wurde.
Nun verlangen viele ausländische Stimmen eine Neuauszählung der Wahl unter internationaler Beobachtung. Ein Machtwort sprechen könnte Washington. Doch dort blieb es still. Trumps Stabschef John Kelly hat jahrelang eng mit Hernandez´ zusammengearbeitet, dieser erschwerte die Auswanderung in den reichen Norden. Das Weiße Haus dürfte wenig Interesse daran haben, diesen Verbündeten zu verlieren.