Erster Unmut in den Ländern wegen Schwarz-Blau
Regierungsverhandlungen. Die geplante Zusammenlegung der Krankenkassen stößt auf Ablehnung: ÖVP-geführte Bundesländer pochen auf föderale Strukturen. Kritik gibt es auch an den Plänen zur Bildungsreform.
Wien. Bei den Koalitionsverhandlungen spielen die Vertreter der Bundesländer zumindest auf ÖVPSeite keine Rolle. Das könnte sich bald rächen: Denn aus den Ländern kommt nun erste Kritik an dem, was ÖVP und FPÖ in den vergangenen Wochen vereinbart haben. Im Zentrum stehen dabei die Fusionspläne bei den Sozialversicherungen. Dass es bald nur noch eine Gebietskrankenkasse geben soll, wird als Anschlag auf den Föderalismus betrachtet.
So wehrt sich Oberösterreich dagegen, dass Geld an den Bund abfließen könnte. Die oberösterreichische Kasse, die aufgrund der wirtschaftlichen Struktur des Landes besonders hohe Einnahmen hat, fürchtet um ihre Rücklagen in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro. Da herrscht quer über Par- teigrenzen hinweg Einigkeit: Zwar ist die Gebietskrankenkasse – wie alle außer Tirol und Vorarlberg – im Einflussbereich der SPÖ, aber auch ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer hat schon gegen einen Abfluss der Mittel nach Wien Stellung bezogen.
Formiert sich Westachse neu?
Heftiger fallen die Proteste in Tirol und Vorarlberg aus. Tirols Arbeiterkammer-Präsident, Erwin Zangerl (ÖVP), warnte in der „Tiroler Tageszeitung“vor „Zentralismus pur“: „Mit dieser Struktur und nur noch einer österreichischen Kasse statt der neun Gebietskrankenkassen hat Tirol überhaupt keinen Einfluss mehr. Es geht uns um Verantwortung für die Versicherten und unsere Mitglieder vor Ort.“Im Westen formiere sich daher Wider- stand. Tirol, Vorarlberg und Salzburg hätten ein Positionspapier verabschiedet. Formiert sich da die „Westachse“in der ÖVP neu, die schon dem damaligen Parteichef Michael Spindelegger Probleme bereitet hat?
Kritik gibt es auch an der Einigung im Bildungsbereich. Die Tiroler ÖVP-Landesrätin, Beate Palfrader, kritisierte, dass die Länder beim Bildungsthema nicht einbezogen wurden: „Nach wie vor kennen wir nur Überschriften. Dabei könnten wir unsere Erfahrungen einbringen.“Freilich seien auch positive Ansätze dabei wie die Forcierung der Kindergärten, der Ausbau der Ganztagsschulen und die Fokussierung auf die Grundtechniken. Bedenklich sei jedoch die Verpflichtung, zu den Noten zurückzukehren und die damit ver- bundene Abkehr von der Wahlfreiheit und der Schulautonomie. „Wir haben in Tirol bereits 225 Klassen mit alternativer Leistungsbeurteilung“, erläuterte Tirols Bildungslandesrätin. Dahinter steckten jahrelange Entwicklungsarbeit und Erfahrung. Zudem nehme die alternative Beurteilung viel Druck sowohl von den Kindern als auch von den Lehrern.
Hinterfragenswert seien auch die Sanktionen für Eltern bei Nichteinhaltung der Schulpflicht. „Mir ist nicht klar, wie man sich das vorstellt“, so Palfrader. „Wir setzen stattdessen auf Beratung und Information. Das ist zielführender.“Sie hoffe aber, dass auch hierbei gelte, „nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“. In Vorarlberg orte sie jedenfalls ähnliche Standpunkte wie in Tirol. (maf )