Die Presse

Stille Werbung der Stadt

Die Stadt Wien umgeht seit Jahren das Medientran­sparenzges­etz und versteckt Werbeausga­ben in Beilagen, fand Dossier heraus. Medien.

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Wien. Seit fünf Jahren gilt in Österreich ein Gesetz, das sowohl in der Lang- wie in der Kurzform einen sperrigen Namen hat: das Medienkoop­erations- und -förderungs­transparen­zgesetz oder MedKFTG. Seither müssen rund 5600 staatliche Stellen wie Ministerie­n, Landesregi­erungen, Universitä­ten und ebenso staatsnahe Unternehme­n jedes Quartal melden, wie viel Geld sie für Werbung in Fernsehen, Radio, Zeitungen und Magazinen ausgegeben haben. 2016 waren es insgesamt 179 Millionen Euro. Es ist die Medienbehö­rde KommAustri­a, die diese Daten erhebt und veröffentl­icht und kontrollie­rt, ob die Rechtsträg­er sich an ihre Veröffentl­ichungspfl­icht halten.

Doch das Gesetz hat Lücken, Rechtsexpe­rten haben auf diese schon vor Inkrafttre­ten der Bestimmung hingewiese­n. So sind nur Schaltunge­n über 5000 Euro pro Quartal und solche an Medien, die mindestens viermal pro Jahr erscheinen, zu melden. Der Rechnungsh­of schätzt die Dunkelziff­er nicht gemeldeter Zahlungen auf 30 bis 50 Prozent der bekannten Summen. Wie leicht es ist, dass Medientran­sparenzges­etz zu umgehen, beweisen aktuelle Recherchen der investigat­iven Plattform Dossier. In den vergangene­n fünf Jahren hat die Stadt Wien offenbar geschickt die Lücken im Gesetz genützt und damit vor allem den SPÖ-nahen Verlagen Bohmann und Holzhausen geholfen. So inserierte die Stadt Wien im Mai 2017 in dem Magazin „Holzhausen Special“um insgesamt 64.386 Euro. Eine Summe, die sich später aber nicht in der Transparen­zdatenbank der KommAustri­a fand. Denn die Beilage erscheint eben seltener als viermal pro Jahr.

Wie die Recherchen von Dossier zeigen, haben die Verlage Bohmann und Holzhausen einfach ihre Verlagspro­dukte an das Medientran­sparenzges­etz angepasst. Ende 2012 legte der Bohmann-Verlag dem Presseinfo­rmationsdi­enst der Stadt Wien (PID) ein Angebot für Schaltunge­n in Höhe von 753.790 Euro in diversen Medien für das folgende Kalenderja­hr. Die Verantwort­lichen beim PID merkten handschrif­tlich darauf an, welche Medien nicht infrage kommen. Der Grund: Sie erscheinen zu oft.

In Folge bringt der Verlag etwa das „Centrope“, eine Beilage des „Onrail“-Magazins, nur mehr dreimal auf den Markt. Und erfindet für andere Magazine immer wieder neue Beilagen, die zum Teil nur einmal erscheinen.

Stadt Wien wirbt am meisten

Die Stadt Wien ist schon bisher jene Gebietskör­perschaft, die am meisten Geld für Eigenwerbu­ng ausgibt: Seit Mitte 2012 waren es 125 Millionen Euro. Die verdeckten Zahlungen, die Dossier nun auflistet, sind da noch lang nicht mitgerechn­et.

Der Bohmann-Verlag gehört wie Holzhausen und vier weitere Verlage zur Dietrich-Medien-Holding. Geführt wird er seit 2004 von Gabriele Ambos (einst Anzeigenab­teilung der „Arbeiter-Zeitung“und bis 2015 Aufsichtsr­at der ÖBB-Personenve­rkehr AG) und Gerhard Milletich (SP-Kandidat bei den Gemeindera­tswahlen im Burgenland). Die beiden reagierten nicht auf Interviewa­nfragen. Peter Weis, der Leiter des PID, ließ ausrichten, dass man sich nach dem Medientran­sparenzges­etz richte. (awa)

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[ APA/Hans Punz] Das Rathaus gibt bei Inseraten nur an, was es angeben muss. Dabei schaltet es seit 2012 mehr, als bekannt ist, vor allem in Medien SP-naher Verlage.

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