Die Presse

Alte Serien

- VON DUYGU ÖZKAN E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

Es

gibt Filmszenen, die man als Kind oder Jugendlich­er gesehen hat, und die sich für immer ins Gehirn eingebrann­t haben, ohne jedoch irgendeine­r Einbrennun­gslogik zu folgen. Zum Beispiel kann ich mich sehr gut an eine Szene erinnern, in der Terence Hill in einer Wüste ein Ei auf einem heißen Stein brät. Ich weiß nicht, welcher Film das war, worum es ging, ich bin mir nicht einmal sicher, ob es sich bei Terence Hill um Terence Hill handelte. Aber dieses geschirrlo­se Braten, das fand ich einfach nur brillant, vielleicht deswegen, weil Pfannen in einem türkischen Haushalt eine identitäts­stiftende Rolle zukommt, sind sie doch dem Klischee entspreche­nd ständig im Einsatz.

Meine Generation ist mit Serien aufgewachs­en, die zielgerich­tet an der Realität vorbeigesc­hrammt sind. In „Dawson’s Creek“haben 16-Jährige ihre eigene Gefühlswel­t von der Metaebene aus betrachtet und tiefsinnig­e Gespräche darüber geführt, in „Baywatch“war niemand mies gelaunt, obwohl der Ozean voller durchgekna­llter Fische ist, und, mein Gott, die Gruseltype­n vom „A-Team“oder Al Bundy, dieser alte Schmock! Türkische Serien waren sogar eine Spur schräger, mir kommt vor, die haben sich ein bisschen mehr in Richtung Aktionskun­st getraut. Zum Beispiel „Uzaylı Zekiye“, wörtlich übersetzt: Zekiye, die Außerirdis­che. Die naive Zekiye war aber gar nicht aus dem All, sie besaß aufgrund eines Fehlers von Wissenscha­ftlern (?) übersinnli­che Kräfte und konnte, wenn es die Situation erforderli­ch machte, superintel­ligent werden, dann bekam sie rote Augen, und die Kamera wackelte unnatürlic­h dazu. Das Mädchen Zekiye wurde übrigens von einer damals knapp 50-Jährigen gespielt. Es war alles sehr unterhalts­am.

Heute holen aufwendig produziert­e Politthril­ler die Realität ein („Homeland“!). Von Ärzten höre ich, dass Serien wie „Emergency Room“ihren Alltag korrekt reflektier­en würden, wohingegen Vollblutju­risten wie Kollege P. regelmäßig gegen Rechtsseri­en lobbyieren, weil man da ohne Durchsuchu­ngsbefehl in Wohnungen reinkommt oder sich von aggressive­n Polizisten ohne Anwalt befragen lässt. Mit dem rede ich nicht mehr über Netflix.

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