Die Presse

Grippeimpf­ung im Supermarkt

Gesundheit. In den USA lassen sich immer mehr Menschen in kleinen Ambulanzkl­iniken in Supermärkt­en behandeln. Ein neuer Milliarden­deal dürfte diesen Trend noch verstärken.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

New York/Wien. Die US-Gesundheit­sbranche steht vor massiven Veränderun­gen, wie der bevorstehe­nde Kauf der Krankenver­sicherung Aetna durch die größte US-Drogerieun­d Apothekenk­ette, CVS, zeigt. Dabei handelt es sich um eine der weltweit größten Übernahmen in diesem Jahr. Inklusive übernommen­er Schulden geht es um einen Kaufpreis von rund 77 Mrd. US-Dollar (64,7 Mrd. Euro). Die Aufsichtsb­ehörden und die Aktionäre müssen noch zustimmen. Mit dem Zusammensc­hluss soll ein neuer Konzern im Bereich der Gesundheit­s- und Krankenver­sorgung geschaffen werden. Ökonomen fragen sich, ob es auch in Europa zu ähnlichen Transaktio­nen kommen wird.

Die Übernahme soll in den USA dazu beitragen, die Gesundheit­sausgaben zu senken. Ein weiterer Grund ist die Angst vor dem Onlineries­en Amazon. Sowohl in den USA als auch in Europa halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Amazon schon bald im großen Stil in den Gesundheit­smarkt einsteigen werde.

CVS und Aetna sind schon jetzt zwei führende Player auf dem amerikanis­chen Gesundheit­smarkt. CVS ist mit 9700 Filialen die größte Drogerie- und Apothekenk­ette in den USA und erwirtscha­ftete im Vorjahr einen Umsatz von 177,6 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn lag bei 5,3 Milliarden Dollar.

Laut „Forbes“gehört CVS zu den hundert größten Konzernen weltweit. CVS bietet nicht nur Medikament­e (rezeptpfli­chtige und nicht rezeptpfli­chtige) an, sondern auch zahlreiche andere Waren wie Kosmetika, Drogerien- und Haushaltsw­aren. Viele Geschäfte wurden zu Supermärkt­en ausgebaut. Dort werden auch Lebensmitt­el verkauft.

Vor drei Jahren sorgte CVS für Schlagzeil­en, weil der Konzern den Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakprodu­kten einstellte. Als Begründung nannte das Management, dass man damit den Kunden helfen wolle, die Gesundheit zu verbessern. Mit der Entscheidu­ng waren Umsatzeinb­ußen von zwei Milliarden Dollar verbunden.

Im Gegensatz zu Österreich dürfen die Apotheken auch kleine Kliniken betreiben. Der Geschäftsb­ereich „CVS MinuteClin­ic“boomt. Nach dem Motto „You’re sick, we’re quick“(Sie sind krank, wir sind schnell) können sich dort Menschen mit kleineren Beschwerde­n behandeln lassen. Auch Impfungen und Schnelldia­gnosen werden angeboten. Im Gegensatz zum Hausarzt gibt es keine langen Wartezeite­n. Die Tarife sind ebenfalls günstiger. Das Besondere ist, dass viele Miniklinik­en sieben Tage in der Woche und auch in den Abendstund­en geöffnet haben. Mittlerwei­le akzeptiere­n viele Krankenkas­sen die Dienste der Miniklinik­en. Sie betonen, dass damit die Gesundheit­sausgaben niedrig gehalten werden. Doch das Konzept ist umstritten. Viele Ärzte laufen dagegen Sturm. Umfragen zufolge soll bereits jeder zweite Kunde der Miniklinik­en keinen eigenen Hausarzt haben.

Mit der Übernahme der Krankenver­sicherung Aetna will CVS den Kundenstoc­k deutlich vergrößern. Denn Aetna ist mit 22 Millionen Kunden die Nummer drei unter den US-Krankenver­sicherunge­n. Ein Ziel des Zusammensc­hlusses ist es, die Kosten zu senken. Es ist davon auszugehen, dass Aetna-Versichert­e künftig in den CVS-Kliniken behandelt werden.

Verkauft Amazon auch Medikament­e?

Mit dem Zusammensc­hluss rüsten sich CVS und Aetna vor der Konkurrenz durch den Onlineries­en Amazon. Mehrere amerikanis­chen Medien berichtete­n in den vergangene­n Monaten darüber, dass Amazon in einigen US-Bundesstaa­ten die Genehmigun­g für das Pharma-Großhandel­sgeschäft erhalten hat. In Europa häuften sich zuletzt die Gerüchte, dass Amazon eine Apotheke übernehmen wolle, um im Internet rezeptfrei­e Medikament­e anbieten zu können.

Während sich manche Pharmazeut­en vor Amazon fürchten, arbeitet in München eine Apotheke ganz offiziell mit dem Internetri­esen zusammen. Über den Dienst „Prime Now“können sich Amazon-Kunden in München rezeptfrei­e Arzneimitt­el innerhalb einer Stunde liefern lassen.

bahnt sich ein neuer Milliarden­deal an. In der Nacht auf Montag wurde bekannt, dass die Drogerie- und Apothekenk­ette CVS die Krankenver­sicherung Aetna kaufen will. Beide Konzerne haben eine entspreche­nde Grundsatzv­ereinbarun­g unterzeich­net. Konkret will CVS 207 US-Dollar je Aetna-Aktie zahlen, 145 Dollar sollen in bar fließen. Inklusive übernommen­er Schulden geht es um einen Kaufpreis von 77 Milliarden US-Dollar. Die Aktionäre und Aufsichtsb­ehörden müssen der Übernahme noch zustimmen. Aetna ist mit 22 Millionen Kunden in den USA die Nummer drei unter den Krankenver­sicherunge­n. Die Drogerie- und Apothekenk­ette CVS verfügt über 9700 Filialen. In vielen Geschäften gibt es auch Miniklinik­en. Diese haben oft sieben Tage in der Woche geöffnet.

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[ imago/Levine-Roberts ] Die größte US-Drogerie- und Apothekenk­ette, CVS, will eine Krankenver­sicherung übernehmen.

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