Magere Kapitalerträge in Österreich
Die Österreicher machen die niedrigen Zinsen wett, indem sie von ihrem Erwerbseinkommen Geld zur Seite legen. Ihr Vermögen selbst wirft nur geringe Renditen ab.
Wien. Die Vermögen der Österreicher wachsen vor allem deswegen, weil die Menschen immer wieder Teile ihres Erwerbseinkommens zur Seite legen. Die Rendite des Vermögens selbst ist so mager wie in sonst fast keinem europäischen Land. Zu diesem Schluss kommt auch die jüngste Allianz-Studie („Private Vermögensrenditen in ausgewählten Euroländern“), die am Montag präsentiert wurde.
Seit 2003 erzielten die österreichischen Haushalte demnach im Mittel nach Abzug der Inflation eine jährliche reale Rendite von 1,06 Prozent. Spitzenreiter sind die Finnen mit 4,3 Prozent.
Geringe Aktienquote
Grund für das schlechte Abschneiden der Österreicher ist der hohe Anteil, der schlecht verzinst auf Sparbüchern oder Bankkonten liegt: Fast die Hälfte des Vermögens österreichischer Haushalte ist dort geparkt. Unter neun verglichenen Ländern ist der Sparbuchanteil nur in Portugal höher mit 51 Prozent. Beim Aktienanteil sind die Österreicher mit 4,7 Prozent Schlusslicht. Zum Vergleich: Belgier und Spanier haben ein Fünftel ihres Vermögens in Aktien veranlagt, Finnen gar 34 Prozent. In Deutschland (6,8 Prozent Aktienquote) und den Niederlanden (7,2) sind Aktien zwar ebenfalls nicht weit verbreitet. Doch halten Deutsche und vor allem Niederländer indirekt mehr Aktien und andere Wertpapiere: Bei 62 Prozent des Vermögens der Niederländer handelt es sich um Ansprüche aus Altersvorsorgeeinrichtungen. Ein Anteil, der in Österreich nicht einmal zehn Prozent beträgt.
Die Jahre nach der Finanzkrise zeichneten sich vor allem durch zwei Faktoren aus: Die Aktienmärkte erholten sich rasant, die Zinsen fielen aber nahezu auf null. Die Folge: Hatten die Österreicher vor der Finanzkrise (2003 bis 2007) noch eine jährliche reale Rendite von 2,3 Prozent erzielt, fiel diese während der Finanzkrise (2008 bis 2011) auf minus 0,5 Prozent zurück. Nach der Finanzkrise stieg sie wieder, erreichte aber nur noch ein Prozent (Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2016).
Laut Studienautoren gibt es zwei Wege, damit im Niedrigzinsumfeld die Geldvermögen wachsen. Entweder durch hohe Renditen, indem Sparer ihr Anlageverhalten stärker auf Kapitalmärkte ausrichten (der finnisch-holländische Weg) oder durch Sparen aus Erwerbseinkommen (der österreichisch-deutsche Weg).
Insgesamt (Rendite und Sparen) wuchs das Vermögen der Ös- terreicher von 2012 bis 2016 um 2,3 Prozent pro Jahr. Auch während der Finanzkrise lag dieser Wert bei 2,2 Prozent. Die Österreicher machen ihre mageren Anlageerträge durch fleißiges Sparen wett. In absoluten Zahlen erzielten die Österreicher in den Jahren 2012 bis 2016 im Schnitt und pro Kopf Vermögenseinkünfte von 910 Euro pro Jahr, zu denen sie noch 230 Euro dazusparten. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise erzielte man 1090 Euro Vermögenseinkünfte und sparte 1030 Euro aus dem Erwerbseinkommen dazu. Die Bereitschaft des Dazusparens ist europaweit gesunken. Eine Ausnahme stellt Deutschland dar: Die Deutschen sparen mehr als vor der Krise: Zu ihren Vermögenserträgen von 1310 Euro legen sie jährlich noch 770 Euro dazu.
Niederländer konsumieren
Alle anderen untersuchten Nationen (Belgier, Spanier, Finnen, Franzosen, Italiener, Niederländer und Portugiesen) sparen nicht, sondern geben einen Teil ihrer Vermögenseinkünfte aus. Sie können sich das auch leisten. Die Niederländer kommen auf 2750 Euro an Vermögenseinkünften pro Kopf und Jahr, davon geben sie 1400 aus – womit ihnen unterm Strich noch immer mehr bleibt als den Österreichern. (b. l.)