Innovation braucht sanierte Unis und mehr Grundlagenforschung
Es ist überlebenswichtig, dass die neue Regierung die richtigen Visionen entwickelt und aufhört, Mittelmaß zu fördern.
D ie neue Regierung muss Österreich zukunftsfit machen. Es ist daher zu hoffen, dass den türkis-blauen Verhandlern mehr einfällt als jene kleinen Brötchen, von denen man aus den Medien erfährt. Es bedarf der großen Würfe, als Befreiungsschlag gegen das wuchernde Mittelmaß und als Initialzündung für Aufbruch auch im Kopf. Kein „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Zukunft geht nicht ohne mühsame Richtungswechsel.
Defizite in der heimischen Innovationsfähigkeit im Vergleich zum Weltspitzenniveau verursachen angesichts der Globalisierung ein geistig-wirtschaftliches Abrutschen, und damit zunehmende Fremdbestimmung. Schrittmacher erkennen die Zeichen der Zeit, etwa die ostasiatischen „Tigerstaaten“, einschließlich China.
Im Lichte der Konkurrenzfähigkeit in Sachen Innovation nimmt sich die Investition in die Grundlagenforschung – die Basis für alles Weitere – putzig aus. Österreich liegt zwar mit 11,3 Milliarden für Forschung und Entwicklung im europäischen Spitzenfeld – viel davon ist aber mehr oder weniger versteckte Wirtschaftsförderung. Bezüglich Innovationsfähigkeit liegen wir dagegen bloß auf Platz elf. Das ist vor allem der jämmerlichen Unterdotierung der heimischen Topgrundlagenforschung geschuldet.
So etwa fließen über den Schweizer Nationalfonds 97 Euro pro Kopf der Bevölkerung in die Grundlagenforschung, über den österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) hingegen bloß 24 Euro. Das ist noch viel schlimmer, als es scheinen mag, finanziert hierzulande doch der FWF als einzig nennenswerte Agentur die Topgrundlagenforschung. Von den 11,3 Milliarden für Forschung und Entwicklung fließen also weniger als 300 Millionen (zwei Prozent) in das zentrale Glied der Innovationskette. Warum ist es nicht möglich, den hervorragend arbeitenden FWF durch Umschichten auf 600 Millionen aufzustocken und so die heimische Forschungsmisere nachhaltig zu sanieren? Z usammen hängt dies auch mit den Zuständen an den Universitäten. Denn diese sind angesichts der wenigen außeruniversitären Einrichtungen die wichtigsten Trägerinnen der heimischen Spitzenforschung. Im internationalen Vergleich bleiben sie aber Mittelmaß. Die FWF-Mittel machen zwar 25 Prozent der universitären Drittmittel aus, aber weniger als ein Drittel des wissenschaftlichen Personals der heimischen Universitäten stellt FWF-Anträge. Dies bedeutet, dass sich zwei Drittel der „Wissenschaftler“an unseren Unis von international kompetitiver Spitzenforschung fernhalten und im Mittelmaß dümpeln – ein unhaltbarer Zustand!
Die Hauptgründe? Ja klar, Studienplatzfinanzierung, Zugangsbeschränkung und eine zweckmäßige Aufgabenteilung mit den Fachhochulen – geschenkt! Längst überfällig ist, dass ein guter Teil der Uni-Finanzierung über die Overheads von FWF-Projekten fließt; das allein würde die Universitäten und ihr Personal wesentlich beflügeln. Aber auch die Berufungsverfahren schreien nach Reform. Wo sie gelingen, werden Spitzenprofessoren engagiert, dort floriert das Fach und strahlt weit über die Uni hinaus aus.
Die im eigenen Saft köchelnden Berufungskommissionen dagegen bleiben immer noch oft genug dem Prinzip „Second class people hire third class people“verhaftet. Daher wäre es überlebenswichtig, dass unsere neue Regierung die richtigen Visionen entwickelt und damit aufhört, Mittelmaß zu fördern.