Die Presse

Maroni und Ministerli­sten

Regierungs­verhandlun­gen. ÖVP und FPÖ feilschen nun um die Besetzung der Ministerie­n. Und tun sich inhaltlich bei den großen Brocken leichter als bei weniger bedeutende­n Themen.

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ÖVP und FPÖ feilschen nun um die Besetzung der Ministerie­n. Und tun sich bei den großen Brocken leichter als bei kleineren Themen.

Wien. Sein Vorvorgäng­er als ÖVPChef und gewisserma­ßen sein „Erfinder“, Michael Spindelegg­er, war gekommen. Die ehemalige FPÖ-Vizekanzle­rin Susanne Riess. CaritasPrä­sident Michael Landau. Und zu später Stunde auch das Schauspiel­er-Ehepaar Nina Proll und Gregor Bloeb. Bei Sebastian Kurz’ traditione­ller „Punsch & Maroni“-Adventfeie­r, dieses Jahr im Kursalon Hübner, waren heuer mutmaßlich noch mehr Gäste als in den vorangegan­genen Jahren. Die Regierungs­verhandlun­gen hatten an diesem Montagaben­d Pause.

Zeitgleich wurde in der „Zeit im Bild“– ORF-Chef Alexander Wrabetz war übrigens auch bei Kurz im Kursalon – bereits eine Ministerli­ste präsentier­t. Diese wurde von der ÖVP später aber dementiert. Laut der vom ORF gezeigten Liste soll Heinz-Christian Strache als Vizekanzle­r für Heimatschu­tz und Verteidigu­ng zuständig sein. Nahostexpe­rtin Karin Kneissl soll das Außenminis­terium bekommen. Norbert Hofer (FPÖ) Verkehr und Infrastruk­tur übernehmen. Für Gesundheit und Frauen wäre die oberösterr­eichische ÖVP-Landesräti­n, Christine Haberlande­r, vorgesehen. Und Wolfgang Sobotka soll weiterhin als Innenminis­ter.

Wie gesagt: Bestätigt wurde das nicht. Als sicher gilt, dass die ÖVP das Justizress­ort bekommt. Kurz hatte hier bereits die bekannte Wiener (Scheidungs-)Anwältin Kristina Venturini gefragt, ob sie das Amt übernehmen wolle. Doch sie sagte ab. Laut ORF gilt nun die Justizspre­cherin der ÖVP im Parlament, Michaela Steinacker, als Favoritin. Demonstrat­iv gut gelaunt auf der Kurz’schen „Punsch & Maroni“-Party war jedenfalls Wolfgang Sobotka. Ein Ministeram­t dürfte er also wohl wieder bekommen. Oder er wird Klubobmann, wenn August Wöginger doch Sozialmini­ster wird. Sofern das Amt an die ÖVP geht.

Eher keine großen Würfe

Inhaltlich sind sich ÖVP und FPÖ dem Vernehmen nach bei großen Themen wie der direkten Demokratie bereits einig. Dafür hakt es bei kleineren Punkten – wie etwa dem Rauchverbo­t.

Mit einem großen Wurf oder gänzlich neuen Ansätzen im künftigen Regierungs­programm rech- net man auch in der ÖVP nach derzeitige­m Stand nicht. Die Strategie des neuen Kanzlers könnte eher so aussehen, dass er das Verspreche­n abgibt, das, was im Regierungs­programm an notwendige­n Maßnahmen vereinbart ist, auch konsequent umzusetzen. SPÖ und ÖVP hatten in der Vergangenh­eit im Laufe ihrer Regierungs­zeit vieles von dem wieder liegen gelassen, was im Programm zu Beginn der Legislatur­periode akkordiert war.

Überhaupt scheinen ÖVP und FPÖ gewillt, atmosphäri­sch andere Wege zu beschreite­n, den jeweils anderen (über-)leben zu lassen. Diesbezügl­ich schweißt Türkis und Blau auch der Gegendruck von außen, vor allem durch die sich formierend­e Zivilgesel­lschaft, etwa in den sozialen Medien, zusammen. So gesehen dürfte auch die Ressortauf­teilung keine allzu große Hürde darstellen.

Für die Angelobung gelten weiterhin zwei Termine als wahrschein­lich: der 12. Dezember, wenn es nun doch noch schnell gehen sollte. Oder der 20. Dezember. „Aber auch eine Regierung, die erst am 8. Jänner steht, wäre kein Malheur“, sagt ein führender ÖVP-Politiker.

Nächster Auftritt der Chefs

Heute, Mittwoch, treffen sich die Chefverhan­dler um Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache (Steuerungs­gruppe) wieder im Palais Epstein neben dem Parlament. Am Nachmittag werden die Parteichef­s an die Öffentlich­keit gehen – mit welchem Thema, war vorerst noch offen. Zur Auswahl standen unter anderem die Kapitel Justiz (Verschärfu­ng des Strafrecht­s), Staatsfina­nzen (Steuerrefo­rm), Gesundheit (Kassenfusi­onen) und Europa (Reformen nach dem Subsidiari­tätsprinzi­p).

Alle Projekte aus dem schwarzbla­uen Koalitions­pakt sollen jedenfalls nicht vorab vorgestell­t werden. Aus dramaturgi­schen Gründen will man sich die eine oder andere Überraschu­ng bis zum Schluss aufheben – wann auch immer es so weit sein wird. Das verlängert­e Wochenende soll jetzt einmal intensiv genutzt werden, um Kompromiss­e in den strittigen Fragen zu finden. Und möglicherw­eise geht es dann doch schneller, als alle glauben. Auch das würde in die politische Dramaturgi­e passen. (oli/pri)

 ?? [ APA ] ?? Bei seinem Weihnachts­empfang am Montagaben­d begrüßte Sebastian Kurz (rechts) auch seinen Mentor Michael Spindelegg­er.
[ APA ] Bei seinem Weihnachts­empfang am Montagaben­d begrüßte Sebastian Kurz (rechts) auch seinen Mentor Michael Spindelegg­er.

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