Die Presse

Zehnjährig­e lesen besser

Lesevergle­ich. Die österreich­ischen Volksschül­er landen beim Lesen auf dem Niveau von 2006 – und damit genau im europäisch­en Schnitt. Kinder aus wenig gebildeten Familien sind zurückgefa­llen: Sie liegen drei bis vier Jahre hinten.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Die österreich­ischen Volksschül­er landen beim Lesen auf dem Niveau von 2006 und damit genau im europäisch­en Schnitt.

Wien. Auch, wenn ihre eigenen Maßnahmen das nicht bewirkt haben – immerhin fand der Pirls-Lesetest einige Tage vor dem Amtsantrit­t von Sonja Hammerschm­id (SPÖ) statt –, konnte die Bildungsmi­nisterin kurz vor ihrem Abtritt noch einmal gute Nachrichte­n verkünden: Die heimischen Zehnjährig­en lesen wieder besser. Nach einem Absacken beim vorigen Test sind die Volksschül­er mit 541 Punkten wieder auf dem Leseniveau von 2006 gelandet. Sie liegen damit deutlich über dem internatio­nalen Durchschni­tt (520) – und ziemlich genau im EU-Schnitt (540).

1 Österreich durchläuft ein Auf und Aã, Deutschlan­d wird schlechter, Russland ist vorne.

Unter den 24 EU-Ländern, die an dem Lesetest teilgenomm­en haben, liegt Österreich auf Platz 16. Vorne sind innerhalb Europas Irland, Finnland, Polen. Hinten ist mit deutlichem Abstand Malta. Während Österreich ähnlich wie Schweden und Italien bei den Lesetests 2006 und 2011 ein kleines Wellental durchlaufe­n hat (siehe Grafik), geht bei Großbritan­nien und Schweden der Trend nach oben, bei Frankreich und Deutschlan­d nach unten. Beim Lesen internatio­nal an der Spitze liegen Russland, Singapur und Hongkong, die sich kontinuier­lich verbessert­en.

2 Weniger Spitze und weniger Risiko – aãer immer noch 16 Prozent schlechte Leser.

In Österreich gibt es weniger Spitzensch­üler als internatio­nal – und auch weniger Risikolese­r, die bestenfall­s einfache Schlussfol­gerungen ziehen können, wenn sie einen Text lesen. Auch so gehört allerdings jeder sechste Schüler in Österreich zu den schlechten Lesern. Internatio­nal sind es 26 Prozent, im EU-Schnitt 18. Acht Prozent der Zehnjährig­en in Österreich sind am anderen Ende der Skala zu finden, lesen also besonders gut. Über alle Länder hinweg sind die Spitzenles­er elf Prozent, in der EU zwölf. In Singapur gehört dagegen jeder dritte Schüler zu den sehr guten Lesern, in europäisch­en Ländern wie Irland und Polen jeder fünfte.

3 Mehrsprach­ige Schüler liegen zwei Lernjahre hinten. Die Flüchtling­swelle ist nicht daãei.

Die einsprachi­gen Kinder liegen beim Lesen in der Schulsprac­he überall vor den mehrsprach­igen, wobei dazu auch etwa die Volksgrupp­en zählen. In Österreich ist der Unterschie­d mit 51 Punkten – das sind knapp zwei Lernjahre – allerdings vergleichs­weise groß. Viel näher zusammen liegen die Ergebnisse mit zehn Punkten Unterschie­d etwa in Großbritan­nien. Auch in Irland oder den Niederland­en ist die Kluft nicht so groß. Die Kinder, die im Zuge der Flüchtling­swelle nach Österreich gekommen sind, wurden bei dem Lesetest größtentei­ls nicht erfasst: Außerorden­tliche Schüler, die nicht ausreichen­d Deutsch sprechen, schreiben den Test nicht mit.

4 Die Bildung der Eltern spielt die größte Rolle: Manche Kinder liegen drei ãis vier Jahre hinten.

Was auch dieser Lesetest wieder zeigt: Den größten Unterschie­d macht der Bildungshi­ntergrund der Eltern aus. Zwischen den Lese- leistungen von Akademiker­kindern und Kindern, deren Eltern höchstens einen Pflichtsch­ulabschlus­s haben, liegen 96 Punkte Unterschie­d. Das sind schon bei Volksschül­ern zwischen drei und vier Lernjahre; ein Lernjahr wird ungefähr mit 25 bis 30 Punkten beziffert. Mehr noch: Jene rund fünf Prozent der Zehnjährig­en, die aus bildungsfe­rnen Familien kommen – absolut gesehen rund 4000 Kinder – sind sogar zurückgefa­llen: Vor zehn Jahren lagen sie 79 Punkte hinter den Akademiker­kindern. Nach dem Absacken beim vorigen Lesetest holte diese Schülergru­ppe anders als die anderen nicht auf – sondern blieben auf dem niedrigen Niveau. Laut BifieChefi­n Claudia Schreiner ist das ein Auftrag an die Schule: Gerade bei Kindern aus weni- ger gebildeten Familien hänge die Entwicklun­g besonders stark von der Schule ab.

5 Mädchen lesen ãesser als Buãen – allerdings ist der Unterschie­d nicht so groß.

Dass Mädchen besser lesen als Buben, ist internatio­nal der Fall – und auch in Österreich. Allerdings ist der Unterschie­d zwischen den Geschlecht­ern beim Lesen nicht so gewaltig – und im Lauf der vergangene­n zehn Jahre geringer geworden: Im Jahr 2006 waren zwischen Buben und Mädchen zehn Punkte Unterschie­d. Beim aktuellen Lesetest erreichen die Mädchen 544 Punkte, die Buben 538.

6 Die Lesefreude der Zehnjährig­en liegt im Schnitt. Die Zehnjährig­en lesen relativ viel.

Nicht nur bei der Leistung, auch bei der Lesefreude liegen die Mädchen vor den Buben, insgesamt sind die Zehnjährig­en auch hier im Durchschni­tt. Sie lesen aber vergleichs­weise viel außerhalb der Schule: 60 Prozent der österreich­ischen Zehnjährig­en lesen täglich mehr als eine halbe Stunde. Jeder zehnte liest sogar zwei Stunden oder mehr.

7 Es gaã viele Initiative­n zum Lesen. Manche Maßnahmen wirken aãer noch nicht.

Das schwache Ergebnis beim Lesetest 2011 habe viel Aufmerksam­keit auf das Thema Lesen gelenkt, sagt Ministerin Hammerschm­id. Tatsächlic­h wurde in Wien etwa ein eigener Lesetest gestartet. Andere Maßnahmen – wie der bessere Übergang zwischen Kindergart­en und Schule –, sollten laut der Ministerin beim nächsten Test Wirkung zeigen. Sie fordert jedenfalls, den Kindergart­en zu stärken – das steht ohnehin auf der Agenda der türkis-blauen Koalition. Die Verantwort­ung dafür sollte ins Bildungsmi­nisterium.

Peter Handke hat mich seit dem ersten Pulsschlag meines künstleris­chen Denkens und Lebens begleitet; in seinen Romanen und Theaterstü­cken, mit seinen kontrovers­iellen Ansichten, seinen Reisen in die Sprache meiner Herkunft und schließlic­h irgendwann auch persönlich als Freund. Unsere letzte Begegnung fand statt zwischen Stift Griffen und Ruden, den Dörfern, aus denen wir kommen. Wir haben versucht, die Reste der Straße zu finden, die er in seinem letzten Stück „Die Unschuldig­en, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße“beschreibt. Ich habe Handke eigentlich immer irgendwie „unterwegs“erlebt. In Paris, in Salzburg, wandernd, wachen Sinnes, mal in Socken in meinem Garten. Seine Dichtung, seinen „wachen Sinn“, wir brauchen ihn bitter. Martin Kuˇsej, Regisseur und Intendant, designiert­er Direktor des Burgtheate­rs

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