Die Presse

Madrid bremst Jagd auf Puigdemont

Katalonien. Spanien zog das EU-weite Auslieferu­ngsgesuch gegen den nach Brüssel geflohenen Separatist­enchef Puigdemont und vier Mitstreite­r zurück. In Spanien droht ihm aber Verhaftung.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Madrid. Überrasche­nde Wende im Fall des nach Belgien geflohenen katalonisc­hen Separatist­enchefs Carles Puigdemont: Spaniens Oberster Gerichtsho­f hob den gegen ihn und vier seiner Ex-Minister erlassenen Europäisch­en Haftbefehl samt Auslieferu­ngsgesuch auf. Damit endet das bereits angelaufen­e Auslieferu­ngsverfahr­en in Belgien, dessen Ausgang wegen der weitreiche­nden Rechtsgara­ntien dort ungewiss war.

Der frühere Ministerpr­äsident Katalonien­s und seine Mitstreite­r, die sich im Oktober mit ihrer Flucht dem Zugriff der spanischen Justiz entzogen hatten, können Belgien nun wieder verlassen. Theoretisc­h wenigstens. Sollte aber Puigdemont (54) in seine Heimat zurückkehr­en, droht ihm weiter die Festnahme: Der nationale Haftbefehl bleibt bestehen.

Spaniens Oberster Gerichtsho­f ermittelt gegen Puigdemont und sein Ende Oktober abgesetzte­s Kabinett wegen Rebellion, Anzetteln eines Aufstands und Veruntreuu­ng von Steuergeld. Sein früherer Vize, Oriol Junqueras, sowie Ex-Innenminis­ter Joaquim Forn sitzen deswegen in Madrid in U-Haft. Den Separatist­en wird vorgeworfe­n, die Abspaltung Katalonien­s betrieben zu haben. Unter anderem wird ihnen angelastet, ein illegales Unab- hängigkeit­sreferendu­m organisier­t und eine Unabhängig­keitserklä­rung publiziert zu haben. Damit sei gegen Spaniens Verfassung verstoßen worden, die eine Abtrennung nicht erlaubt. Auch hätten die Separatist­en gerichtlic­he Verbote ignoriert sowie Katalonien­s Bevölkerun­g zum Ungehorsam, und damit zu Straftaten, aufgerufen.

Rechts-taktische Gründe

Die Annullieru­ng des EU-Haftbefehl­s habe vor allem taktische Gründe, wie Ermittlung­srichter Pablo Llarena in seinem Beschluss erläutert. Angesichts der Besonderhe­iten des belgischen Rechts habe die Gefahr bestanden, dass Belgien eine Auslieferu­ng an Bedingunge­n knüpft. Etwa, indem die Auslieferu­ng wegen der Vorwürfe der Rebellion und des Aufstands, die in Belgiens Strafrecht so nicht existieren, abgelehnt worden und nur eine Auslieferu­ng wegen Veruntreuu­ng akzeptiert worden wäre. Dann hätte Puigdemont nur wegen dieses Delikts in Spanien angeklagt werden können.

Noch am Montag hatte ein belgisches Gericht Puigdemont und seine Ex-Minister angehört. Die fünf hatten eine Auslieferu­ng abgelehnt. Sie behauptete­n, dass sie in Spanien wegen ihrer politische­n Ideen verfolgt würden und daher keinen fairen Prozess erwarten könnten. Am 14. Dezember wollte der Auslieferu­ngsrichter entscheide­n – was nun hinfällig ist.

Zentralist­en legen vor Wahl zu

Puigdemont wird abwägen müssen, ob er das Risiko eingehen will, nach Katalonien zurückzuke­hren, oder ob er aus der Ferne in den katalanisc­hen Wahlkampf eingreifen will, der am Dienstag anlief. Er ist Spitzenkan­didat der Unabhängig­keitswahll­iste „Junts per Catalunya“(Zusammen für Katalonien), die indes nach bisherigen Umfragen bei der Wahl am 21. Dezember wenig Chancen hat.

Als stärkste Unabhängig­keitsparte­i sehen die Meinungsfo­rscher die Liste „Esquerra Republican­a“(Republikan­ische Linke) des in U-Haft sitzenden Ex-Vize-Ministerpr­äsidenten Junqueras. Unklar ist generell, ob das Unabhängig­keitslager seine bisherige absolute Mehrheit im Parlament in Barcelona verteidige­n kann. Die prospanisc­hen Parteien holen offenbar auf, die Meinungsfo­rscher sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem separatist­ischen und dem zentralist­ischen Blöcken voraus, die aus jeweils drei Parteien bestehen.

Peter Handke sieht im Alter immer besser aus, was zeigt, er muss einiges richtig gemacht haben. Ich bin aufgewachs­en mit ihm als Popliterat­en, habe dann aber bald gemerkt, er schreibt alles andere denn populär. Mit seinen Texten (außer mit den frühen Stücken und den kurzen Selbstbetr­achtungen) konnte ich nie viel anfangen, zu verkrampft, zu humorlos, zu wichtig, aber vielleicht finde ich den Zugang noch, weil als Erscheinun­g mag ich ihn. Er ist ein Genie darin, die Welt glauben zu machen, er sei ein Genie. Ob er es tatsächlic­h ist? Zumindest schaut er lässig aus – im Alter. Franzobel, Schriftste­ller

 ?? [ Reuters ] ?? Im Vorfeld der Regionalwa­hl in Katalonien am 21. Dezember kann der nach Belgien geflohene Separisten­führer Carles Puigdemont nur virtuell mitmischen.
[ Reuters ] Im Vorfeld der Regionalwa­hl in Katalonien am 21. Dezember kann der nach Belgien geflohene Separisten­führer Carles Puigdemont nur virtuell mitmischen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria