Wie eine Zementfirma zum Terrorfinancier geworden sein könnte
Die französische Firma Lafarge soll Schutzgeld an den IS und Rebellen gezahlt haben, um die Sicherheit eines Werks in Syrien zu erkaufen.
Paris/Bern. Das Verfahren gegen den frankoschweizer Konzern LafargeHolcim, den größten Baustoffhersteller, wegen möglicher Finanzierung des Terrornetzwerks IS und Bruchs des EU- und UN-Ölembargos gegen Syrien gewinnt an Schwung: Schon vorige Woche waren drei Manager bzw. Ex-Manager in Frankreich einem Richter vorgeführt worden. In Kürze wird der Franzose Bruno Lafont, Vorstandschef (2006-2015) der Teilfirma Lafarge bzw. 2015 bis April 2017 Vize des Gesamtkonzerns, verhört. Mitte November hatte es Razzien im Lafarge-Sitz in Paris und bei einem Aktionär in Brüssel gegeben.
Lafarge (gegründet 1833 in Frankreich) und Holcim (1912 in der Schweiz) hatten 2015 fusioniert. Der Dachkonzern hat seinen Sitz bei Zürich und Werke in über 100 Ländern, darunter Österreich; laut Jahresbericht 2016 betrug der Mitarbeiterstand mehr als 90.000 (vor der Fusion sollen es mehr als 130.000 gewesen sein). Er erzeugt und handelt vor allem mit Zement und Beton. Bis Herbst 2014 hatte Lafarge ein Werk in Nordsyrien, in Dschalabija rund 150 Kilometer nordöstlich von Aleppo. Dem Management wurde später vorgeworfen, mit Wissen der Zentrale Schutzgeld an den IS und andere Gruppen im seit 2011 tobenden Bürgerkrieg bezahlt zu haben. Zudem soll Lafarge vom IS Öl gekauft haben, es soll um eine Summe von 5,6 Millionen Dollar; die Zentrale in Paris soll dafür die Buchhaltung gefälscht haben.
Diese hat die Zahlungen bzw. Käufe zugegeben und sagt, man habe die Mitarbeiter vor Ort schützen wollen, bisweilen sei Lösegeld geflossen. Der frühere Chef des Gesamtkonzerns Lafarge-Holcim, der US-Amerikaner Eric Olsen, war wegen der Affäre im Sommer abgetreten. Der Chef des Verwaltungsrats, der Schweizer Beat Hess, sagte, man habe Syrien zu spät verlassen und werde mit den Ermittlern kooperieren. (ag./red.)