Die Presse

Trump heizt Kampf um Jerusalem an

Israel. Sollten die USA Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen, sieht die PLO das Ende der Zweistaate­nlösung gekommen. Erdo˘gan droht mit dem Bruch der Beziehunge­n.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE KNAUL

Jerusalem. US-Präsident Donald Trump ist es erneut gelungen, die Aufmerksam­keit der Welt auf sich zu lenken. Eine Welle dringliche­r Appelle erreichte ihn, von der Idee abzulassen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en. Das plant er laut dem „Wall Street Journal“sehr bald zu verkünden.

Unisono warnten die Palästinen­ser-Führung, Jordanien, Saudiarabi­en und EU-Politiker, etwa Deutschlan­ds Außenminis­ter Sigmar Gabriel, vor den Folgen dieser Entscheidu­ng. Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan,˘ drohte mit dem Abbruch der diplomatis­chen Beziehunge­n zu Israel, was dort indes ruhig aufgenomme­n wurde. Am späten Abend sagte eine Sprecherin der Palästinen­serbehörde in Ramallah, Trump habe Präsident Mahmud Abbas klar über die Verlegung der Botschaft informiert. Wann das sein könnte, habe Trump aber nicht erläutert.

Schon vor der Präsidente­nwahl 2016 hatte Trump öffentlich mit dem Gedanken gespielt, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Seither fährt er einen Zickzackku­rs und hat eine Entscheidu­ng aufgeschob­en; zuletzt am Montag, obwohl eine durch USRecht gegebene Frist an dem Tag auslief. Aus dem Weißen Haus hieß es, man werde sich in Kürze äußern. Seit mehr als zwei Jahrzehnte­n sind US-Präsidente­n alle sechs Monate aufgerufen, zu entscheide­n, ob die 1995 vom Kongress beschlosse­ne Verlegung der Botschaft aufgeschob­en wird oder nicht.

Hamas kündigt Intifada an

Der künftige Status von Jerusalem gehört zu den empfindlic­hsten Punkten des Konflikts zwischen Israel und den Arabern. Keine der Seiten ist bereit, von dem Anspruch auf die Stadt, die heiligste jüdische, muslimisch­e und christlich­e Stätten beherbergt, abzulassen. Die gewaltsame­n Demonstrat­ionen vorigen Sommer, ausgelöst von übli- chen Sicherheit­smaßnahmen, sind Indiz dafür, welches Sprengpote­nzial der Streit hat. Die islamistis­che Hamas im Gazastreif­en hat bereits eine neue Intifada angekündig­t.

Unklar bleibt, welches Ziel Trump verfolgt, sollte so ein brisantes Thema so eindeutig parteiisch entscheide­n, gerade jetzt, wo er seinen Friedenspl­an für Nahost kundtun will. Seit Monaten arbeitet der US-Sondergesa­ndte Jason Greenblatt an der Vorbereitu­ng neuer direkter Verhandlun­gen zwischen Israel und den Palästinen­sern. Eine Anerkennun­g Jerusalems als Israels Hauptstadt würde nicht nur die arabischen Partner vor den Kopf stoßen, sondern die Palästinen­ser gar nicht erst erscheinen lassen.

Einen „Deal des Jahrhunder­ts” habe Trump versproche­n, schimpfte Nabil Schaat, Berater von Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas, aber diese „Mutter aller Deals stirbt hier auf den Felsen Jerusalems“. Denn: „Es gibt keine Einigung, die mit der Zerstörung der Zweistaate­nlösung beginnt.“

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