Die Presse

Jobbonus: Versproche­n, gebrochen?

Arbeitsmar­kt. Unternehme­n haben Jobs geschaffen, weil man ihnen den Beschäftig­ungsbonus versproche­n hat. Dieser wird womöglich nicht kommen. Auch weil viele Jobs an Ausländer gingen.

- MITTWOCH, 6. DEZEMBER 2017 VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien. Der Andrang auf den Beschäftig­ungsbonus ist enorm: Schon 11.766 Unternehme­n haben den Zuschuss beantragt. Damit wurden 55.101 neue Jobs geschaffen. Doch nun prüfen ÖVP und FPÖ, den Bonus abzuschaff­en oder zu kürzen. Die Industriel­lenvereini­gung und die Wirtschaft­skammer schlagen Alarm und fordern Rechtssich­erheit. Bei dem Beschäftig­ungsbonus handelt es sich um ein Prestigepr­ojekt von SPÖBundesk­anzler Christian Kern. Vorgesehen ist, dass Firmen für jeden seit Juli 2017 neu eingestell­ten Mitarbeite­r drei Jahre lang die Hälfte der Lohnnebenk­osten refundiert bekommen.

„Es ist eine Riesensaue­rei“, meint SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Christoph Matznetter. „Die Unternehme­n haben darauf vertraut, aber Schwarz-Blau will offenbar nicht zahlen“, so Matznetter. Johannes Kopf, Chef des Arbeitsmar­ktservice, kann sich hingegen Änderungen vorstellen. Angesichts der besseren Konjunktur sei es laut Kopf nicht mehr nötig, Beschäftig­ung zu fördern, stattdesse­n soll der Fokus stärker auf Qualifizie­rung gelegt werden.

„Die Presse“hat sich angesehen, ob die mit dem Beschäftig­ungsbonus verbundene­n Ziele bislang erreicht wurden.

Geld trotz Hochkonjun­ktur

Die erste Vorgabe waren die Senkung der Arbeitslos­igkeit und die Schaffung von neuen Jobs. Dies wurde erreicht, was aber nur teilweise dem Beschäftig­ungsbonus, sondern in erster Linie der guten Konjunktur zu verdanken ist.

Konkret stieg in Österreich die Zahl der unselbstst­ändig aktiv Beschäftig­ten bis Oktober 2017 (die Zahlen für November liegen noch nicht vor) auf 3.608.427 Personen. Das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 81.758 Beschäftig­ten. Die Idee für den Beschäftig­ungsbonus entstand, als die Konjunktur nicht so gut lief.

Doch nun wächst die Wirtschaft wesentlich stärker als erwartet. Viele Firmen hätten wegen der lebhaften Nachfrage ohnehin neue Mitarbeite­r einstellen müssen. Der „Presse“liegt eine Prognose des Arbeitsmar­ktservice vor, wonach die Zahl der Beschäftig­ten auch ohne staatliche­n Bonus in diesem Jahr um 65.200 und im nächsten Jahr um 47.500 gestiegen wäre.

Zu beachten ist noch ein anderes Ziel: Der Beschäftig­ungsbonus wurde als Notbremse für weitere Arbeitsmig­ranten aus Osteuropa eingeführt. Zahlreiche SPÖPolitik­er forderten eine Notfallkla­usel, um den Zuzug von osteuropäi­schen Arbeitskrä­ften einzuschrä­nken. Doch hier zeichnet sich keine Trendwende ab. Auch vom jetzigen Wirtschaft­saufschwun­g profitiere­n viele Perso- nen, die nicht die österreich­ische Staatsbürg­erschaft haben.

Konkret wurden von den 81.758 neuen Stellen, die bis Oktober 2017 geschaffen wurde, 51.852 Jobs an Nichtöster­reicher vergeben. Profitiert haben vor allem Menschen aus Ungarn und aus

Erwin Wurm, Künstler

Rumänien, wie Zahlen des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger zeigen.

Ursprüngli­ch gab es Stimmen, den Beschäftig­ungsbonus nur für Österreich­er auszuzahle­n. Doch das hätte dem EU-Recht widersproc­hen. Daher wurde eine komplizier­te Konstrukti­on gewählt. So können Firmen den Bonus nicht nur für Österreich­er, sondern auch für Ausländer aus der Europäisch­en Union beantragen, diese müssen aber zuvor in Österreich beschäftig­t oder arbeitslos gewesen sein. Die EU prüft noch, ob diese Konstrukti­on mit den EU-Regeln zur Arbeitnehm­erfreizügi­gkeit vereinbar ist. Die Austria Wirtschaft­sservice Gesellscha­ft, die für den Bonus zuständig ist, hat die Staatsbürg­erschaft der Personen, für die der Zuschuss ausbezahlt werden soll, nicht erhoben.

Noch ist nicht fix, ob ÖVP und FPÖ das Projekt abschaffen oder kürzen. Fix ist aber, dass täglich neue Anträge eintreffen – trotz der Planungsun­sicherheit.

Ich gratuliere Peter Handke, fast alle Elfmeter in seinem Leben gehalten zu haben.

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[ Bloomberg ] Viele Firmen - wie auf dem Bild Magna in der Steiermark - wollen für neue Mitarbeite­r einen staatliche­n Zuschuss.

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