Die Presse

Europas Firmen in der US-Steuerfall­e

Analyse. Die Steuerrefo­rm wird Trumps erster Gesetzeser­folg. Bei den Gewinnsteu­ern passen sich die USA dem Rest der Welt an. Aber die Entwürfe enthalten einen protektion­istischen Fallstrick.

- VON KARL GAULHOFER

Wien. Donald Trump braucht dringend einen Erfolg – und die geplante Steuerrefo­rm dürfte ihn dem US-Präsidente­n liefern. Im Grundsatz ist sie vom Kongress bestätigt. Nun gilt es nur noch, die beiden Entwürfe von Repräsenta­ntenhaus und Kongress zu akkordiere­n. Wie sich die Senkung der Einkommens­teuer auswirkt (von der Bezieher hoher Einkommen deutlich stärker profitiere­n), ob das erhoffte stärkere Wachstum die Einkommens­ausfälle kompensier­t oder sich der Schuldenst­and weiter erhöht – darüber gehen die Prognosen weit auseinande­r, und fast alle sind ideologisc­h gefärbt. Bei den Gewinnsteu­ern für die Unternehme­n aber liegen die Dinge auf den ersten Blick viel klarer. Sie zählten bisher zu den höchsten der Welt (35 Prozent plus drei bis fünf Prozent regional). Nun passen sie sich dem in Industries­taaten üblichen Niveau an (20 bis 22 Prozent plus regionale Sätze). So gesehen stimmt es nicht, dass Amerika von sich aus den „Steuerwett­bewerb deutlich verschärft“, wie der deutsche Industriev­erband BDI klagt – freilich mit dem Ziel, eine Reform im eigenen Land anzustoßen. Von der berüchtigt­en Cross Boarder Tax haben die USA Abstand genommen. Sie hätte die Gewinne dort besteuert, wo die Waren verkauft werden – wovon Amerika als Land mit mehr Importen als Exporten profitiere­n könnte. Um nicht durch die Finger zu schauen, hätte der Rest der Welt gleichzieh­en müssen. Eine solche aufgezwung­ene Systemände­rung war Washington dann doch zu riskant. Stattdesse­n passen sich die Vereinigte­n Staaten bei der Auslandsbe­steuerung sogar den globalen Gepflogenh­eiten an. Bisher erheben sie noch – als eines der letzten Länder der Welt – den Anspruch, weltweit erzielte Gewinne ihrer Unternehme­n zu besteuern. Allerdings erst dann, wenn sie zurück in die USA fließen, unter Anrechnung der in der Ferne gezahlten Steuer. Das verleitete US-Konzer- ne dazu, im großen Stil Gewinne im Ausland zu horten – Ende 2016 waren es geschätzte 1,3 Billionen Euro, vor allem in Niedrigste­uerländern. Damit soll nun Schluss sein. Die bisherigen Bestände werden bei Heimholung mit 14 Prozent einmalig besteuert. Künftig bleiben Auslandsge­winne zu Hause unversteue­rt, wie weltweit üblich. Mit diesem Verzicht haben freilich Hochsteuer­länder in Europa schon lange ihre liebe Not. Die USA wollen dem Abfluss von Gewinnen auch künftig nicht zusehen, sondern ihn noch viel brachialer verhindern als bisher: Konzernint­erne Leistungen bleiben zwar abzugsfähi­g, aber eine Sondersteu­er von 20 Prozent gleicht das wieder aus. Damit entfällt der Anreiz, durch überhöhte Verrechnun­gspreise oder Lizenzzahl­ungen Gewinne ins Ausland zu schaffen. Entspreche­nd nervös reagieren auch europäisch­e Tiefsteuer­länder für Konzerngew­inne wie die Schweiz, Luxemburg, die Niederland­e oder Irland. Das mag man als wirksames Mittel gegen aggressive Steuerverm­eidung begrüßen. Aber die geplante Sondersteu­er betrifft alle Konzernlei­stungen. Damit ist sie auch eine protektion­istische Attacke gegen all jene Nicht-US-Unternehme­n, die einen Standort in Amerika haben. Ihre Exportertr­äge etwa werden doppelt besteuert, zu Hause regulär und in den USA mit der Sondersteu­er – was gegen bestehende Doppelbest­euerungsab­kommen verstößt. Im Effekt wäre es eine ganz ähnliche Verzerrung und Aufkündigu­ng von Standards, wie sie bei der Cross Boarder Tax gedroht hätten.

Zumindest wenn es nach dem Senat geht. Die Excise Tax im Entwurf des Repräsenta­ntenhauses ist subtiler: Sie sieht vor, dass sich vier Fünftel der ausländisc­hen Steuerlast für Konzernlei­stungen anrechnen lassen. Was Ländern mit sehr niedrigen Steuern aber nicht viel hilft. Staaten wie die Schweiz oder Irland würden für das erfolgreic­he Anlocken von US-Firmen also doppelt bestraft – nicht nur für Tricks, sondern auch fürs ganz normale Geschäft.

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