Die Presse

Interessen­skonflikt mit Interessen­sgemeinsch­aft

Verkehrte Welt: Morddrohun­gen gegen Schiedsric­hter, und Österreich­s Fußball streitet über den Umgang damit. Unvereinba­r? Österreich­s Funktionär­e und ihre kuriose Ämteranhäu­fung.

- E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Morddrohun­gen sind ein feiges Instrument, um jemand an der korrekten Fortsetzun­g seiner Tätigkeit zu hindern. Der Umgang der Betroffene­n damit erfordert geschultes Geschick, eine Anzeige ist unerlässli­ch. Und die Hilfe, die sein Umfeld leisten könnte, sollte doch eher einfühlsam, aufbauend – vor allem aber unterstütz­end sein. Was macht Österreich­s Fußball in der Causa rund um Referee Dieter Muckenhamm­er? Streiten.

Rapid ging zu ihm auf Distanz, weil er Stefan Schwab in einem TV-Interview ungeschick­t „Charakterl­osigkeit“vorwarf. Auch würde es der Klub vorziehen, würde Muckenhamm­er bei Spielen mit Hütteldorf­er Beteili- gung nicht mehr zum Einsatz kommen. Im Gegenzug versucht nun die IG-Referee mit einer Aussendung die pausenlose Kritik an Unparteiis­chen zu inkriminie­ren. Unbedachte Aussagen über deren mangelhaft­e Aus- und Weiterbild­ung seien beleidigen­d, die Spieler würden sich dabei einfach zuviel herausnehm­en. In einem Punkt sind sich gottlob alle Seiten einig: Morddrohun­gen sind fehl am Platz.

Auffällig ruhig verhielt sich in dieser Angelegenh­eit vorerst noch die Bundesliga. Seitens des ÖFB blieb es sogar verdächtig still. Robert Sedlacek – er war Schiedsric­hter, ist Vorsitzend­er der Schiedsric­hterkommis­sion und ist zugleich Wiener Verbandspr­äsident sowie Mitglied des ÖFB-Präsidiums – hoffte zwar, dass sich Rapid von den Anhängern, die das Email geschickt hatten, klar distanzier­e, er verteidigt­e auch den Referee, zog sich aber endgültig den Zorn der IG Referee zu. Sie verlangt seinen Rücktritt.

Sedlacek bekleidet aber nicht erst seit gestern all diese Positionen. Erst jetzt erkennt die Interessen­sgemeinsch­aft aber, dass ein Interessen­skonflikt vorliegt. Kann ein Funktionär zugleich Interessen von Referees und Klubs vertreten, wenn er denn Präsident eines Verbandes ist, der von allen Vereinen gewählt wird? Tatsächlic­h soll diese Ämteranhäu­fung früher mit dem plumpen Verweis auf irgendeine Uefa-Konvention gerechtfer­tigt worden sein. Dass es Unvereinba­rkeit ist, liegt eigentlich auf der Hand. Aber, in Österreich sind Multifunkt­ionäre ja keine seltene Spezies.

Diese Misere hat aber einen ganz anderen, äußerst schalen Beigeschma­ck. Erst eine Morddrohun­g deckte den Interessen­skonflikt, der erst jetzt ein kapitales Problem darstellt, auf? Ein höchst seltsamer, aber offenbar günstiger Augenblick.

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