Interessenskonflikt mit Interessensgemeinschaft
Verkehrte Welt: Morddrohungen gegen Schiedsrichter, und Österreichs Fußball streitet über den Umgang damit. Unvereinbar? Österreichs Funktionäre und ihre kuriose Ämteranhäufung.
Morddrohungen sind ein feiges Instrument, um jemand an der korrekten Fortsetzung seiner Tätigkeit zu hindern. Der Umgang der Betroffenen damit erfordert geschultes Geschick, eine Anzeige ist unerlässlich. Und die Hilfe, die sein Umfeld leisten könnte, sollte doch eher einfühlsam, aufbauend – vor allem aber unterstützend sein. Was macht Österreichs Fußball in der Causa rund um Referee Dieter Muckenhammer? Streiten.
Rapid ging zu ihm auf Distanz, weil er Stefan Schwab in einem TV-Interview ungeschickt „Charakterlosigkeit“vorwarf. Auch würde es der Klub vorziehen, würde Muckenhammer bei Spielen mit Hütteldorfer Beteili- gung nicht mehr zum Einsatz kommen. Im Gegenzug versucht nun die IG-Referee mit einer Aussendung die pausenlose Kritik an Unparteiischen zu inkriminieren. Unbedachte Aussagen über deren mangelhafte Aus- und Weiterbildung seien beleidigend, die Spieler würden sich dabei einfach zuviel herausnehmen. In einem Punkt sind sich gottlob alle Seiten einig: Morddrohungen sind fehl am Platz.
Auffällig ruhig verhielt sich in dieser Angelegenheit vorerst noch die Bundesliga. Seitens des ÖFB blieb es sogar verdächtig still. Robert Sedlacek – er war Schiedsrichter, ist Vorsitzender der Schiedsrichterkommission und ist zugleich Wiener Verbandspräsident sowie Mitglied des ÖFB-Präsidiums – hoffte zwar, dass sich Rapid von den Anhängern, die das Email geschickt hatten, klar distanziere, er verteidigte auch den Referee, zog sich aber endgültig den Zorn der IG Referee zu. Sie verlangt seinen Rücktritt.
Sedlacek bekleidet aber nicht erst seit gestern all diese Positionen. Erst jetzt erkennt die Interessensgemeinschaft aber, dass ein Interessenskonflikt vorliegt. Kann ein Funktionär zugleich Interessen von Referees und Klubs vertreten, wenn er denn Präsident eines Verbandes ist, der von allen Vereinen gewählt wird? Tatsächlich soll diese Ämteranhäufung früher mit dem plumpen Verweis auf irgendeine Uefa-Konvention gerechtfertigt worden sein. Dass es Unvereinbarkeit ist, liegt eigentlich auf der Hand. Aber, in Österreich sind Multifunktionäre ja keine seltene Spezies.
Diese Misere hat aber einen ganz anderen, äußerst schalen Beigeschmack. Erst eine Morddrohung deckte den Interessenskonflikt, der erst jetzt ein kapitales Problem darstellt, auf? Ein höchst seltsamer, aber offenbar günstiger Augenblick.