Die Presse

Erdo˘gan will Grenzvertr­ag „aktualisie­ren“

Missglückt­er Athen-Besuch des türkischen Staatschef­s.

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Athen. Wenigstens in einer Frage waren Alexis Tsipras und Recip Tayyip Erdogan˘ völlig einer Meinung: Der griechisch­e Premier und der türkische Präsident verurteilt­en die geplante Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem (siehe Artikel rechts). Sonst gab es am Donnerstag und Freitag beim Staatsbesu­ch des türkischen Präsidente­n in Griechenla­nd wohl mehr Pannen als erwartet. In Erinnerung bleiben wird vor allem der Schlagabta­usch zwischen Erdogan˘ und dem griechisch­en Staatspräs­identen, Prokopis Pavlopoulo­s. Anlass: der Friedensve­rtrag von Lausanne, der 1923 unter anderen die bilaterale­n Grenzen und den Status der Minderheit­en in beiden Ländern festlegte.

Erdogan˘ hat in letzter Zeit immer wieder von einer „Aktualisie­rung“des Vertrags gesprochen, die Griechen reagieren darauf allergisch. Sie verbinden damit automatisc­h eine Anzweiflun­g ihrer Staatsgren­zen und denken an den Konflikt um das Inselchen Imia im Jahr 1996, der damals um ein Haar zu einem bewaffnete­n Konflikt geführt hätte.

Ungeplante­s Wortgefech­t

Geplant war der heftige Wortwechse­l wohl nicht. Später, beim gemeinsame­n Presseinte­rview mit Tsipras, meinte Erdogan˘ sogar ausdrückli­ch, dass niemand die Grenzen Griechenla­nds anzweifele. Dafür forderte er wieder die Auslieferu­ng von zehn türkischen Soldaten, die nach dem Putschvers­uch 2016 nach Griechenla­nd geflohen waren.

Vor allem haben Erdogan˘ und Tsipras über das schwierige Abkommen der EU mit der Türkei und über die Eindämmung der Flüchtling­sströme in der Ägäis gesprochen. In den letzten Monaten hat sich die Zahl der Flüchtling­e erhöht. Im Großen und Ganzen funktionie­rt die Zusammenar­beit jedoch besser als erwartet. Griechenla­nd gehört zu den Befürworte­rn des Abkommens. (c.g.)

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