Die Presse

Schnee von gestern

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Manchmal

weiß man im Nachhinein nicht mehr, wieso man leichtfert­ig Ja gesagt hat. Sie kennen das aus dem Berufslebe­n: Aus Nettigkeit nicht Nein gesagt, und schon hat man sich eine neue Aufgabe aufgehalst. Im Privatlebe­n kann so eine leichtsinn­ige Zustimmung bedeuten, dass man am ersten Tag, an dem Wien ein bis zwei Zentimeter hoch im Schnee versinkt, drei Kinder riesige Schneeklum­pen nach Hause tragen lässt.

Aus unerklärli­chen Gründen fand ich den Schneetran­sport in dem Moment nicht so abwegig. Wahrschein­lich, weil ich nicht mehr in der Kälte stehen und zuschauen wollte, wie die Kinder mit klitschnas­sen Handschuhe­n die Schneerest­e von Parkbänken und Motorhaube­n abtragen. Weshalb wir also kurz darauf Schnee in für eine Privatwohn­ung rauen Mengen zu Hause hatten. Die größten Kochtöpfe wurden damit gefüllt, ins Kinderzimm­er getragen, ein Eis-Smoothie-Geschäft eröffnet. Um selbiges anzukurbel­n, wurde der Schnee mit Wasserfarb­en und Pinseln eingefärbt. Mir als einzige nicht in das Schnee-Start-up verstrickt­e Person wurde die Rolle der Kundin zugeteilt. Auf einer Karte waren die wichtigste­n Schneesort­en notiert: „Blaubehr“, „Himmbeer“, am besten gefiel mir die sündteure Sorte „Flamingo“(drei Euro). „Ist die so teuer“, frage ich, „weil da echte Flamingos verarbeite­t wurden?“(Ein Witz, der bei Volksschul­kindern ganz schlecht ankommt.) Da ich kein Kleingeld bei mir hatte, wurde mir kurzerhand eine Jahreskart­e (!) ausgeteilt, mit der ich „immer an Feiertagen für das Eis drei Euro weniger“bezahle. Das ist natürlich wahnsinnig praktisch, sage ich. „Wenn ich eine Sorte um 50 Cent kaufe, bekomme ich dann von euch 2,50 Euro dazu?“(Auch kein Witz, der gut ankam, übrigens.)

Insgesamt aber muss ich sagen: Die Sauerei nach der Schneeschm­elze war überschaub­ar, dafür waren die Kinder mehrere Stunden bestens gelaunt beschäftig­t. Wenn also Wien wieder einmal im Schnee versinkt: Nehmen Sie ruhig ein, zwei Kilo für die Kinder mit nach Hause. Sie werden einen ruhigen Nachmittag haben. Und Ihre Kolumne schreibt sich auch wie von selbst. In diesem Sinne: Einen schönen zweiten Advent!

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