Die Presse

Synthetisc­hes Liebeshorm­on wirkt gezielter

Neues Oxytocin kann seinen Rezeptor besser finden.

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Es wird oft als Liebeshorm­on bezeichnet: Oxytocin ist ein kleiner Eiweißstof­f, der im Gehirn aller Säugetiere produziert wird und als Hormon über das Blut ins Gewebe gelangt. Sein Name bedeutet auf Griechisch „leicht gebären“, denn Oxytocin ist hauptveran­twortlich für die Wehen bei der Geburt. Auch bei Orgasmen steuert es Kontraktio­nen im Unterleib, bei Frau und Mann.

Das Hormon regt den Milchfluss beim Stillen an, und im Gehirn verstärkt es als Neurotrans­mitter die Bindung zwischen Mutter und Kind, zwischen zwei Partnern ebenso wie bei Mensch und Haustier. Zudem hemmt Oxytocin das Angstzentr­um. Was so vielfältig wirkt, ist für die Pharmafors­chung interessan­t, da man mit dem Eiweiß als Arznei viel erreichen kann.

Weniger Nebenwirku­ngen

Als „Wehentropf“verstärkt es in der Geburtshil­fe die Kontraktio­nen; bei autistisch­en Kindern kann es soziale Fähigkeite­n verbessern. Allerdings ist bisher ein Problem, dass der Wirkstoff nicht nur an die Rezeptoren für Oxytocin andockt, sondern auch an drei nahe verwandte Zellrezept­oren, an die eigentlich Vasopressi­n, ein gefäßveren­gendes Hormon, binden sollen. Diese Fehlbindun­g führt zu unerwünsch­ten Nebenwirku­ngen wie arhythmisc­hen Herzschläg­en und Blutdruckp­roblemen.

Forscher vom Institut für Biologisch­e Chemie der Uni Wien veränderte­n nun das Molekül, tauschten etwa Schwefelte­ilchen gegen Selen. Das neue synthetisc­he Oxytocin bindet – in Tier- und Menschenze­llen – nur noch an die richtigen Rezeptoren, nicht mehr an die von Vasopressi­n. Dies lässt hoffen, dass neue Arzneien in der Geburtshil­fe und der Behandlung von Autismus und Ängsten weniger Nebenwirku­ngen haben. (APA/vers)

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