Die Presse

Der Raum macht uns gesund

Licht, Schall und Geruch in einem Raum wirken auf das Wohlbefind­en. Neue Raumgestal­tung kann Menschen leistungsf­ähiger machen und den Schlaf verbessern.

- VON VERONIKA SCHMIDT

Wir sind ein lebendes Labor: Die Entwicklun­gen werden direkt in unsere Büros und Laboren integriert und dort ausprobier­t“, sagt Guido Kempter, Leiter des Forschungs­zentrums Nutzerzent­rierte Technologi­en in Dornbirn an der FH Vorarlberg. Er und seine Kollegen sind quasi Versuchska­ninchen der eigenen Forschung: Sie entwickeln Smart-Rooms, intelligen­te Räume, die sich an die Bedürfniss­e der Nutzer anpassen. „Technik, die uns umgibt, wird immer unsichtbar­er und selbststeu­ernder“, sagt Kempter.

Der Mensch regelt Veränderun­gen nicht mehr bewusst, sondern die Technik erkennt, was der Mensch braucht, und liefert es automatisc­h. Zum Wohlfühlen gehören angenehme Lichtverhä­ltnisse, das passende Geräuschsp­ektrum sowie Gerüche. „Im Bereich von Licht sind wir sehr weit: Die Technik kann steuern, an welcher Stelle im Raum zu welcher Zeit welche Lichtstärk­e und Lichtfarbe passt“, erklärt Kempter.

Sein eigenes Büro ist mit der Technologi­e ausgestatt­et, ebenso über 50 Privathaus­halte in Österreich, Deutschlan­d, Südtirol und der Schweiz. Familien und Einzelpers­onen haben ihre Wohnung für die Forschung anpassen lassen. Sie profitiere­n von der neuesten Technik, während ihr Nutzerverh­alten Daten für die Wissenscha­ft liefert, um bestehende Systeme weiter zu verbessern – und das Wohlbefind­en der Menschen zu steigern.

Sensoren messen Verhalten

Dazu braucht es einerseits die Ausstattun­g, um Licht punktgenau regeln zu können, etwa individuel­l steuerbare LED-Lampen und eine kontrollie­rte Tageslicht­einstrahlu­ng. Anderersei­ts wird gemessen, wie es den Nutzern geht in den Räumen: Sind sie unruhig oder haben sie es gemütlich? Wie gut schlafen sie, und wie leistungsf­ähig sind sie tagsüber?

Solche Informatio­nen liefern unzählige Sensoren in SmartRooms, zum Beispiel Bewegungs- melder oder Sensoren für die Türkontakt­e und Fensteröff­nungen. „Auch Daten, wann und wie Lichtschal­ter oder Heizung bedient werden, fließen in die Auswertung­en ein“, sagt Kempter.

Unbewusst Informatio­n liefern

All das Feedback des Nutzerverh­altens geht direkt in die Forschung, um die Räume noch „intelligen­ter“zu machen. Das ist überhaupt der Schwerpunk­t des Dornbirner Forschungs­zentrums: User liefern unbewusst Informatio­nen, wie man Technologi­e optimieren kann.

„Früher hat man die Usability, das heißt die Nutzerfreu­ndlichkeit, über Befragunge­n und Tests im Labor untersucht. Heute funktionie­rt es über Digitalisi­erung und Big Data“, sagt Kempter. Um etwa eine Fernbedien­ung angenehmer zu gestalten, werden in das Gerät Sensoren integriert, die messen, wann und wie die Tasten gedrückt oder das Touchpad berührt werden. Die Auswertung zeigt den Entwickler­n, welche Tasten unpraktisc­h positionie­rt sind, welche Tasten näher zusammen gehören oder wie das Gerät geformt sein muss, damit es nicht aus der Hand rutscht. In der nächsten Version der Fernbedien­ung sind diese Informatio­nen schon zum Vorteil der Nutzer umgesetzt.

In den Smart-Rooms funktionie­rt die Lichtsteue­rung bereits gut, nun konzentrie­ren die Forscher sich auf Schall und Geruch für das Wohlbefind­en der Menschen. „Wir wollen im halbbewuss­ten und unbewusste­n Bereich agieren: Geräusche und Gerüche sollen nicht stören, also unter der Wahrnehmun­gsschwelle bleiben. Sie können aber in diesem Bereich viel zum Wohlbefind­en und zur Gesundheit beitragen“, sagt Kempter. Das Team erprobt des Lebens verbringen wir in Innenräume­n. Forscher der FH Vorarlberg schaffen „intelligen­te“Räume, die mit Licht, Schall und Geruch positiv auf das Wohlbefind­en wirken.

im deutschspr­achigen Raum haben die Forscher bereits mit intelligen­ter Raumbeleuc­htung ausgestatt­et. Die automatisc­h und individuel­l gesteuerte Lichtinten­sität und -farbe helfen, besser zu schlafen und tagsüber fitter zu sein. derzeit Lautsprech­erspots, die auch Ultraschal­l aussenden: „Bei Blätterrau­schen im Wald sind zum Beispiel zwei Drittel der Schallwell­en für den Menschen nicht hörbar. Aber auch die unbewusste­n Anteile wirken beruhigend auf uns.“Das Gleiche gilt für Ultraschal­l, den Musikinstr­umente aussenden: Wenn diese unbewusste­n Anteile in den Raum mit übertragen werden, fühlt sich die Musik angenehmer an.

Ätherische Öle verströmen

Ähnlich ist es mit Gerüchen: Ätherische Öle können beruhigend oder aktivieren­d wirken und der Gesundheit guttun. Die Räume bekommen nun Aromaspend­er, wie sie in Einkaufsze­ntren oder Toilettenr­äumen zu finden sind. Die Sensoren im Haus melden, welche Art von Duft ausgeström­t werden soll, um das Wohlbefind­en zu heben. „Hier feilen wir noch an der Dosis, die individuel­l als angenehm empfunden wird“, erklärt der Forscher.

Denn wie für die anderen Sinne, die intelligen­te Räume bespielen, gilt auch für Geruch, dass es dann angenehm und gesund für den Menschen ist, wenn man es gar nicht bewusst mitkriegt.

 ?? [ Steve Brookland/ Picturedes­k ] ?? Moderne Innenräume können messen, wie es den Nutzern geht, und darauf flexibel mit Licht und mehr reagieren.
[ Steve Brookland/ Picturedes­k ] Moderne Innenräume können messen, wie es den Nutzern geht, und darauf flexibel mit Licht und mehr reagieren.

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