Die Presse

Die Papiere? Eingezogen!

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QDer Pastor erklärt diese Feindselig­keit damit, dass Beamte im säkularen Schweden „Glauben nicht verstehen“. Aideen spricht Schwedisch, singt im schwedisch­en Kirchencho­r, hat ein Jobangebot von Ericsson und findet ihren Abschiebun­gsbescheid ungerecht. „Sie haben so viele Leute aufgenomme­n, 160.000, oft ohne jeden Grund!“Ich frage sie, ob sie Schweden für ein christlich­es Land hält. Sie schätzt den Anteil praktizier­ender Christen auf zehn Prozent, der Pastor glaubt an „nicht mehr als zwei Prozent“Kirchgänge­r.

Diesen Winter wartet Aideen Strandsson. Ihre Berufung liegt ein halbes Jahr zurück, sie würde auch bis Straßburg ziehen. Eine weitere Unwägbarke­it liegt darin, dass ihr Heimatstaa­t, den sie „islamische­s Regime“nennt, christlich­e Konvertite­n manchmal nicht zurücknimm­t. Warum hat sie das Angebot aus Ungarn nicht gleich angenommen? „Ich war so dankbar und glücklich, als ich diese SMS bekommen habe.“Mitglieder ihrer Familie leben aber schon länger in Schweden, darum möchte sie bleiben.

Ich teste ihre Kenntnis von Ungarn. Sie war nie dort und kommt auch nicht hin, ihre Papiere sind eingezogen. Sie sagt: „Es ist ein sehr christlich­es Land. Viele Menschen gehen in die Kirche. Die Regierung fördert das.“Den Namen des Premiers hat sie vergessen, für die Wirtschaft sei er aber gut. – „Haben Sie von seinem Grenzzaun gehört?“– „Ja, aber Christen lässt er rein.“Ich frage sie, warum sie ihren Namen auf Strandsson geändert hat. Sie erklärt trocken: „Mein Familienna­me war Mohammed.“Ihr Instagram hat sie zugemacht, so sehr wurde sie von Landsleute­n beschimpft. In Schweden leben mehr als 70.000 Iraner, gleichzeit­ig erhöht die Publizität die Chancen ihrer Berufung. Mit Zweifel in den Augen sagt sie: „Ich glaube an ein Wunder. Ich glaube, dass Jesus mir helfen wird.“

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