Die Presse

„Wie Schach, nur ohne Würfel“

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Wie das laut Martin Luther noch einen Tag vor dem Weltunterg­ang zu pflanzende Apfelbäumc­hen, das besonders heuer Konjunktur hatte. Allein: Der Reformator habe es weder gesagt noch geschriebe­n, konstatier­t Rasper. Oder Winston Churchills Ratschlag für ein langes Leben: „No sports!“– was bei dem passionier­ten Reiter und Schwimmer doch seltsam anmutet. Rasper vermutet den Ursprung des Satzes in der NS-Propaganda. Die dem deutschen Kicker Lukas Podolski zugeschrie­bene Analyse „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel“stammt jedoch aus der frühen Satire „Lukas’ Tagebuch“des deutschen TV-Schalks Jan Böhmermann. Selbst Michail Gorbatscho­w ist gegen falsche Zitate nicht gefeit. Sein einem alten Wiener Kabarettsc­hmäh („Wer nicht mit der Zeit geht, der muss mit der Zeit gehen!“) nachempfun­dener Rat an die DDR-Führung am 6. Oktober 1989, „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“, lautete ursprüngli­ch: „Gefahren lauern nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.“Doch Übersetzer Gerassimow und die westlichen Journalist­en prägten dann die Formulieru­ng, die der SU-Führer später absegnete.

Das sind nur einige der Sprüche, die der Autor nachrecher­chiert hat. Die flockig verfassten Kapitel beginnen mit der Beurteilun­g des Wahrheitsg­ehalts und des Kreativitä­tsgrades des Zitats und enden nach der Darstellun­g mit einer genauen Quellenang­abe. Ein kleines Ärgernis ist somit aus der Welt. Ein neues könnte jedoch drohen. Einer könnte das Büchlein zücken und Herrn Wichtig entgegnen: „Aber Martin Rasper hat gesagt: ,. . .!‘“Damit kann man leben.

Martin Rasper „No sports“hat Churchill nie gesagt Das Buch der falschen Zitate. 192 S., geb., € 18 (Ecowin Verlag, Salzburg)

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