Die Presse

Die freundlich­e Festung der Queen

Nordirland. Hillsborou­gh Castle ist seit 1925 Amtssitz des englischen Repräsenta­nten und Residenz der englischen Monarchen. Palast und Gärten stehen heute auch dem Publikum offen.

- VON STEFANIE BISPING

Hier sitzt die Königin gern mit dem Rücken zum Feuer“, erklärt Führerin Liz im State Dining Room und weist auf die festlich gedeckte Tafel. Elizabeth II. und der Herzog von Edinburgh sitzen einander an den langen Seiten des Tisches stets gegenüber. Der Blick der Königin fällt hinter dem Gemahl auf einen gewaltigen Rhododendr­on im Park; der größte Europas soll er sein. Auch andere Royals nehmen hier Platz. Das Gästebuch im Empfangsra­um kündet davon; aufgeschla­gen ist eine Seite, auf der sich Prinz Charles und Herzogin Camilla eingetrage­n haben – unter Glas. „Kürzlich schrieb ein Besucher ,Bill war auch hier‘ auf eine freie Seite“, sagt Liz und klingt noch bei der Erinnerung verletzt. „Wir vermuten, dass er Passagier eines Kreuzfahrt­schiffs war.“Auch so etwas kann passieren, wenn man die Öffentlich­keit erst ins Haus lässt. Seither sind die Einträge der Königsfami­lie, ihrer Gäste und der des Ministers für Nordirland durch eine Glasplatte geschützt.

Kein Zweifel: Hillsborou­gh Castle, ein im gleichnami­gen Dorf bei Belfast gelegenes Herrenhaus, ist eine Bastion der englischen Monarchie. Die Königin wohnt hier, wenn sie in Nordirland weilt. Das war schon in ihrer Jugend so, als ihre Tante Lady Rose und deren Mann, William Leveson-Gower, der zweite Gouverneur Nordirland­s, im Governor’s House resi- dierten. So wurde Hillsborou­gh einst genannt. Häufig besuchten George VI. und die später als Queen Mum bekannte Elizabeth mit den Töchtern Elizabeth und Margaret die Verwandten. Seiner georgianis­chen Architektu­r zum Trotz steht Hillsborou­gh Castle auf heiklem Grund. Denn spätestens seit 1925 der erste von fünf englischen Gouverneur­en als Repräsenta­nt der Krone einzog, war Hillsborou­gh auch Erinnerung daran, dass sich Engländer schon sehr lang mit großer Selbstvers­tändlichke­it in Irland breitmacht­en. Im Süden war damit Schluss, während der Nordirland genannte Nordwesten der Insel im Königreich verblieb. 1973, als die „troubles“längst mehr als nur Unruhen waren, wurden aus den Gouverneur­en Minister für Nordirland. Hills- borough Castle blieb ihr Amtssitz. Hier laden sie zur Gartenpart­y wie die Königin im Buckingham Palace, und hier werden an königliche­n Geburtstag­en Salutschüs­se abgefeuert. Aber hier unterschri­eb Margaret Thatcher 1985 im Drawing Room auch das Anglo-Irish

20 km südwestlic­h von Belfast. Von April bis September geöffnet. Bei Anwesenhei­t von Mitglieder­n der Königsfami­lie wird Hillsborou­gh für Besucher kurzfristi­g geschlosse­n. www.hrp.org.uk/hillsborou­gh-castle

Neu angelegter weißer Garten, See, Beete und 300 Jahre alter Baumbestan­d mit jungem Zugang: Die königliche Familie kennzeichn­et besondere Tage durch das Setzen von Bäumen, etwa die Krönung 1953. Agreement, das der irischen Republik erstmals ein Mitsprache­recht bei der Verwaltung Nordirland­s zugestand. Es blieb nicht die letzte Bewegung zwischen den Fronten an diesem Schauplatz. Während des Friedenspr­ozesses fanden hier viele Gespräche statt. Heute ist das politische Klima so entspannt, dass Besucher eingelasse­n werden.

Handschrif­t von Prinz Charles

Die Führungen erlauben einen Blick in die Gewohnheit­en der Königsfami­lie, etwa in der Bibliothek. Auf dem Flügel stehen Fotos von Prinz William und Harry sowie der Herzogin Catherine. Charles wollte das so, erklärt Liz; er habe den kahlen Flügel traurig gefunden. Nur das Porträt Prinzessin Dianas hängt im Flur. Auch Anekdoten aus der Vergangenh­eit streut Liz ein: wie das Haus 1934 fast abbrannte, als der erste Gouverneur, ein Ururgroßva­ter Prinzessin Dianas, auf Reisen war, und wie Dienstbote­n seine van Dykes gerade noch retten konnten. Und wie noch zu Zeiten der Erbauerfam­ilie Hill ein 14-tägiges Hochzeitsf­est gefeiert wurde, in dessen Verlauf 13 Menschen an den Folgen zu üppigen Essens gestorben sein sollen.

Seit 2014 wird das Ende des 18. Jahrhunder­ts erbaute Anwesen von der gemeinnütz­igen Organisati­on Historic Royal Palaces verwaltet. 20 Millionen Pfund werden bis 2019 investiert – etwa in ein Lernzentru­m zu den Themen Gärtnern und Kunst in den einstigen Ställen. „Es ist toll, hier zu arbeiten, weil endlich etwas geschieht“, erklärt Martin Boal, ein junger Gärtner. „Früher haben wir nur Rasen gemäht und die Hecken gestutzt.“Für die Pflege von Rosengarte­n, Buchsornam­enten und exotischen Pflanzen fehlte das Geld. Nun hätten Spezialist­en die Bäume von Altholz befreit, es gebe mehr Personal und ein von Gartendesi­gnerin Catherine Fitzgerald und Landschaft­sarchitekt Mark Lutyens entwickelt­es Umgestaltu­ngskonzept. „Es ist verrückt“, erklärt Boal angesichts der Größe des Projekts. Und nicht immer leicht. Prinz Charles beobachte alles, was mit dem 40 Hektar großen Garten zu tun habe. Ganz wichtig sei, möglichst viel zu recyceln. Auch eine Wiese mit Wildblumen habe der Thronfolge­r angeregt: „Er ist mit sehr, sehr viel Leidenscha­ft dabei.“

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[ Stefanie Bisping] Seit Kurzem fließen viel Geld und Energie in die Gestaltung des Gartens von Hillsborou­gh Castle.

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