Die freundliche Festung der Queen
Nordirland. Hillsborough Castle ist seit 1925 Amtssitz des englischen Repräsentanten und Residenz der englischen Monarchen. Palast und Gärten stehen heute auch dem Publikum offen.
Hier sitzt die Königin gern mit dem Rücken zum Feuer“, erklärt Führerin Liz im State Dining Room und weist auf die festlich gedeckte Tafel. Elizabeth II. und der Herzog von Edinburgh sitzen einander an den langen Seiten des Tisches stets gegenüber. Der Blick der Königin fällt hinter dem Gemahl auf einen gewaltigen Rhododendron im Park; der größte Europas soll er sein. Auch andere Royals nehmen hier Platz. Das Gästebuch im Empfangsraum kündet davon; aufgeschlagen ist eine Seite, auf der sich Prinz Charles und Herzogin Camilla eingetragen haben – unter Glas. „Kürzlich schrieb ein Besucher ,Bill war auch hier‘ auf eine freie Seite“, sagt Liz und klingt noch bei der Erinnerung verletzt. „Wir vermuten, dass er Passagier eines Kreuzfahrtschiffs war.“Auch so etwas kann passieren, wenn man die Öffentlichkeit erst ins Haus lässt. Seither sind die Einträge der Königsfamilie, ihrer Gäste und der des Ministers für Nordirland durch eine Glasplatte geschützt.
Kein Zweifel: Hillsborough Castle, ein im gleichnamigen Dorf bei Belfast gelegenes Herrenhaus, ist eine Bastion der englischen Monarchie. Die Königin wohnt hier, wenn sie in Nordirland weilt. Das war schon in ihrer Jugend so, als ihre Tante Lady Rose und deren Mann, William Leveson-Gower, der zweite Gouverneur Nordirlands, im Governor’s House resi- dierten. So wurde Hillsborough einst genannt. Häufig besuchten George VI. und die später als Queen Mum bekannte Elizabeth mit den Töchtern Elizabeth und Margaret die Verwandten. Seiner georgianischen Architektur zum Trotz steht Hillsborough Castle auf heiklem Grund. Denn spätestens seit 1925 der erste von fünf englischen Gouverneuren als Repräsentant der Krone einzog, war Hillsborough auch Erinnerung daran, dass sich Engländer schon sehr lang mit großer Selbstverständlichkeit in Irland breitmachten. Im Süden war damit Schluss, während der Nordirland genannte Nordwesten der Insel im Königreich verblieb. 1973, als die „troubles“längst mehr als nur Unruhen waren, wurden aus den Gouverneuren Minister für Nordirland. Hills- borough Castle blieb ihr Amtssitz. Hier laden sie zur Gartenparty wie die Königin im Buckingham Palace, und hier werden an königlichen Geburtstagen Salutschüsse abgefeuert. Aber hier unterschrieb Margaret Thatcher 1985 im Drawing Room auch das Anglo-Irish
20 km südwestlich von Belfast. Von April bis September geöffnet. Bei Anwesenheit von Mitgliedern der Königsfamilie wird Hillsborough für Besucher kurzfristig geschlossen. www.hrp.org.uk/hillsborough-castle
Neu angelegter weißer Garten, See, Beete und 300 Jahre alter Baumbestand mit jungem Zugang: Die königliche Familie kennzeichnet besondere Tage durch das Setzen von Bäumen, etwa die Krönung 1953. Agreement, das der irischen Republik erstmals ein Mitspracherecht bei der Verwaltung Nordirlands zugestand. Es blieb nicht die letzte Bewegung zwischen den Fronten an diesem Schauplatz. Während des Friedensprozesses fanden hier viele Gespräche statt. Heute ist das politische Klima so entspannt, dass Besucher eingelassen werden.
Handschrift von Prinz Charles
Die Führungen erlauben einen Blick in die Gewohnheiten der Königsfamilie, etwa in der Bibliothek. Auf dem Flügel stehen Fotos von Prinz William und Harry sowie der Herzogin Catherine. Charles wollte das so, erklärt Liz; er habe den kahlen Flügel traurig gefunden. Nur das Porträt Prinzessin Dianas hängt im Flur. Auch Anekdoten aus der Vergangenheit streut Liz ein: wie das Haus 1934 fast abbrannte, als der erste Gouverneur, ein Ururgroßvater Prinzessin Dianas, auf Reisen war, und wie Dienstboten seine van Dykes gerade noch retten konnten. Und wie noch zu Zeiten der Erbauerfamilie Hill ein 14-tägiges Hochzeitsfest gefeiert wurde, in dessen Verlauf 13 Menschen an den Folgen zu üppigen Essens gestorben sein sollen.
Seit 2014 wird das Ende des 18. Jahrhunderts erbaute Anwesen von der gemeinnützigen Organisation Historic Royal Palaces verwaltet. 20 Millionen Pfund werden bis 2019 investiert – etwa in ein Lernzentrum zu den Themen Gärtnern und Kunst in den einstigen Ställen. „Es ist toll, hier zu arbeiten, weil endlich etwas geschieht“, erklärt Martin Boal, ein junger Gärtner. „Früher haben wir nur Rasen gemäht und die Hecken gestutzt.“Für die Pflege von Rosengarten, Buchsornamenten und exotischen Pflanzen fehlte das Geld. Nun hätten Spezialisten die Bäume von Altholz befreit, es gebe mehr Personal und ein von Gartendesignerin Catherine Fitzgerald und Landschaftsarchitekt Mark Lutyens entwickeltes Umgestaltungskonzept. „Es ist verrückt“, erklärt Boal angesichts der Größe des Projekts. Und nicht immer leicht. Prinz Charles beobachte alles, was mit dem 40 Hektar großen Garten zu tun habe. Ganz wichtig sei, möglichst viel zu recyceln. Auch eine Wiese mit Wildblumen habe der Thronfolger angeregt: „Er ist mit sehr, sehr viel Leidenschaft dabei.“