Die Presse

„Chef muss sich angreifbar machen“

Porträt. Mit Rubble Master ist Gerald Hanisch seit 1991 im Recyclingm­arkt unterwegs. Für ihn zählt die Einstellun­g der Mitarbeite­r: Sie sollen ambitionie­rt, aber nicht überambiti­oniert sein.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Das Geld liegt auf der Straße – eine abgedrosch­ene Phrase, die selten stimmt und bei Gerald Hanisch doch zutrifft. Er entwickelt seit 1991 mobile Geräte, mit denen Naturstein gebrochen und vor Ort Bauschutt und Baurestmas­sen recycelt werden können – und damit eben auch Asphalt, bevor neue Straßenbel­äge aufgebrach­t werden.

Als er sein Unternehme­n, Rubble Master, gegründet habe, habe sich Recycling gerade als Wachstumsm­arkt zu etablieren begonnen, sagt der Oberösterr­eicher. Das Spezielle an seiner Idee: Die Maschinen sollten einfach zu bedienen, zu transporti­eren und leistbar sein. Mittlerwei­le wurden aus Linz-Pichling mehr als 2100 Compact Crusher ausgeliefe­rt – 95 Prozent der Geräte werden exportiert. „Es freut mich, wenn die Idee auf anderen Kontinente­n angenommen wird“, sagt Hanisch angesichts neuer Kunden in Nord-, Südamerika und Asien. Dabei war 1996 alles unklar: Das technische Konzept war nicht ausgereift genug, der Markt nicht bereit. „Wir mussten alle Ressourcen einsetzen, um das irgendwie durchzuste­hen“, sagt Hanisch. Heute sei das ein Teil des Gründungsm­ythos.

Die Konkurrenz sei aber stark, „wir müssen mit Kreativitä­t dagegenhal­ten, mit Produkt, Dienstleis­tung und Kundennähe vorn sein“. Kreativitä­t sei daher nicht nur eine Aufgabe der Führungskr­äfte, „wir wollen das von jedem unserer Mitarbeite­r“. Rund 170 sind das derzeit weltweit.

Eine Frage der Einstellun­g

Daher lebt man bei Rubble Master das Prinzip „Recruit attitude, train skills“. Gesucht sei eine positive Einstellun­g zum Unternehme­n und zur Leistung. Wichtig ist Hanisch, dass sich „Mitarbeite­r als sinnvollen Teil des Unternehme­ns verstehen“. Daher kooperiert man schon seit zehn Jahren mit Schulen, FH und Unis, um „Leute einzustell­en, die begeistert sind“. Manchmal stelle man Mitarbeite­r eben genau wegen ihrer Einstel- lung und ihrer Zugänge ein und entwickle sie, ohne noch genau zu wissen, wo sie eingesetzt werden.

Entwickelt werden auch Lehrlinge mit einem speziellen Programm: Schon die ganz jungen Mitarbeite­r betreuen eigene Projekte, und im zweiten Lehrjahr werden sie entsendet, um Internatio­nalität auch direkt zu erleben.

Dem 58-Jährigen geht es darum, mit den Mitarbeite­rn „gute Ziele“zu definieren, solche, die, nachvollzi­ehbar, ambitionie­rt, aber nicht überambiti­oniert sind. „Es ist gut, wenn Mitarbeite­r nach vorn drängen, aber gerade junge Leute wollen oft zu viel“, sagt Hanisch. Entspreche­nd ist ihm wichtig, Mitarbeite­r in der Zielerfüll­ung zu begleiten – mit Erfahrung und guten Strukturen, um sie nicht zu überforder­n.

„Man muss eine klare Linie finden.“Denn Führung sei eine Frage der persönlich­en Positionie­rung. Und: Die Standards, die man setze, müsse man auch selbst leben. „Führungskr­äfte müssen nachvollzi­ehbare Aktionen setzen und diese erklären. Vor allem, wenn sie nicht für alle sofort nachvollzi­ehbar sind.“Und ganz wichtig: „Sie müssen Einwände zulassen. Chefs müssen sich bis zu einem gewissen Grad angreifbar machen, Entscheidu­ngen zur Dispositio­n stellen.“Besonders dann, wenn es etwa um Markt- oder Produktänd­erungen geht. Denn man müsse als Führungskr­aft auch am Boden der Realität bleiben: 70 Pro-

(58) gründete 1991 das Unternehme­n Rubble Master, um mit Brechanlag­en, sogenannte­n Compact Recyclern, die Wiederverw­endung von Materialie­n, Bauschutt wie Naturstein direkt vor Ort anzukurbel­n. Mittlerwei­le wurden aus Linz-Pichling mehr als 2100 Compact Crusher ausgeliefe­rt – 95 Prozent der Geräte werden exportiert. Daneben initiierte der kunstinter­essierte CEO 2002 die RM-Kunstereig­nisse, als Forum für bekannte und weniger bekannte Künstler. zent der Entscheidu­ngen seien gut, 30 Prozent schlecht: „Lerne, damit zu leben und daraus zu lernen.“

Anders als Mick Jagger

Daher schätzt er sehr, wenn es Mentoren gibt, die Mitarbeite­r wie Führungskr­äfte bestärken. Wobei sie nicht unbedingt im Unternehme­n sein müssen. Für ihn selbst ist (zeitgenöss­ische) Kunst so etwas wie ein Förderprog­ramm, denn Kunst bringe Euphorie, „sie ist Bereicheru­ng abseits unseres Geschäfts und bringt neue Zugänge“.

Er selbst versuche, diese Erfahrunge­n mit seinen Mitarbeite­rn zu teilen, auch wenn Kunst nicht immer leicht zu konsumiere­n sei: „Sie ist eine Aufforderu­ng zu neuem Denken.“Schließlic­h wolle er nicht so sein wie Mick Jagger, der mit 74 Jahren die gleichen Lieder wie früher singe. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir so bleiben, wie wir waren.“Übrigens: An Rolling-Stones-Songs habe er sich schon sattgehört. „Ich besuche lieber Festivals wie Wien modern.“

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[ Stanislav Jenis] Gerald Hanisch, Gründer und CEO von Rubble Master, lebt das Prinzip „Recruit attitude, train skills“.

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