Was sich IT-Firmen vom Christkind wünschen
Fachkräftemangel. Ist das Ende der Personaler nah? Klassische Recruitingmaßnahmen greifen bei Informatikern und Entwicklern nicht mehr. WeAreDevelopers lud zu einem Round Table, um nach neuen Strategien zu suchen.
Ein bisschen wie eine Selbsthilfegruppe war der Round Table, zu dem sich neun HR-Manager und Vertreter namhafter Unternehmen trafen, um ihr gemeinsames Problem zu besprechen: Wie bekommen wir mehr ITFachkräfte?
Das klassische Jobinserat funktioniere bei IT-Leuten schon längst nicht mehr, weiß Gastgeberin Jaqueline Resch von WeAreDevelopers, der größten Entwicklerkonferenz Europas. Dorthin würden ITRiesen mit Lkw-Ladungen an Equipment anreisen, um die besten Köpfe für sich zu begeistern. Aber was können Unternehmen tun, die weder den Sexappeal des Silicon Valley haben noch „eine supercoole Start-up-Bude sind?“, fragt sich Christian Dorfinger (Erste Group). Die niedrigen Rücklaufquoten auf seine Ausschreibungen erklärt er sich so: „Entwickler wollen nicht gefunden, sondern entdeckt werden.“Je personalisierter, desto besser, meint Markus Wild- berger (XXXLutz), der, wenn gewünscht, auch über WhatsApp mit dem Bewerber kommuniziert. Was noch am ehesten Erfolg bringe, seien „Bring your friend“-Aktionen oder Meet-ups, also Veranstaltungen, bei denen sich Entwickler treffen – offline wohlgemerkt.
IT-Leute, die neuen Personaler?
Die Round-Table-Teilnehmer haben nicht schlecht gestaunt, als Philipp Bergsmann (Virtue Austria), der einzige Entwickler am Tisch, die Probleme seiner Freunde geschildert hat, einen passenden IT-Job zu finden. Woran das liege? Die Bewerber müssten die Scheu verlieren, ist Dorfingers Antwort: „Bewerbt euch! Ist ja egal, was im Inserat steht.“
Die Inserate müssten Developer schreiben, das Bewerbungsgespräch, das er als „Challenge“aufbaue, solle nicht ein Personaler führen, sondern jemand, „der etwas davon versteht“, erklärt Christian Rauscher von Rubicon IT. Es gehe darum, Talente zu erkennen, dazu würden sich „pure Persona- ler“nicht besonders eignen, meint auch Ingo Spörk (Knapp).
Aber hat die HR wirklich ausgedient? Markus Wosihnoj ist davon nicht überzeugt. Bei Automic Software wählen die Entwicklerteams ihre Leute selbst aus. Die Rolle der Personaler sei es, für das Unternehmen mitzudenken und sich jene, die es knapp nicht geschafft haben, anzusehen, ob sie nicht in ein anderes Team passen: „Man ist permanent in Bewegung. Es ist wie tanzen.“Auch Runtastic setzt weiterhin auf HR-Experten, erzählt Marlene Vazquez-Steiner. Sie prüfen, ob ein Bewerber ins Team passe. Das zähle bei Runtastic noch mehr als technische Fähigkeiten.
Angesichts des Fachkräftemangels müsse aber auch die Zielgruppe ausgeweitet werden, meint Margit Bencic (MIC Datenverarbeitung). Eine Umstellung auf die Arbeitssprache Englisch helfe, Leute aus dem Ausland anzulocken. „Und wir müssen uns fragen: Wo brauchen wir zwingend ITLeute? Wo können wir Leute mit geringeren Kenntnissen einset- zen?“Nicht umsonst versuche sie in einer Initiative mit anderen ITFirmen, HTL-Schulabbrecher zu erreichen und auszubilden.
Mehr Frauen wollen alle
Eine Gruppe, die alle erreichen wollen, sind Frauen. Nur ein Zehntel der IT-Stellen ist weiblich besetzt, trotz des nachgewiesenen Effekts der um 30 Prozent gestiegenen Innovationskraft, wenn Frauen im Team sitzen. Nicht zuletzt wegen der männerdominierten Kultur in den Entwicklerteams sei es nicht leicht, mehr Frauen in die IT zu holen, meint Christian Moser (Parkside): „In der Start-up-Szene geht es fast noch konservativer zu als woanders.“Auch Resch weiß: Anzügliche Kommentare sind in der Szene keine Seltenheit. Umso wichtiger ist ihr eine 60-prozentige Frauenquote bei den WeAreDevelopers-Vortragenden. Ein Umdenken müsse her, in Unternehmen genauso wie bei der Erziehung und im Bildungssystem. Das wünschen sich alle in der Runde. Von der Politik. Und vom Christkind.