Die Presse

Die Mitarbeite­r sind Chefsache

Mitarbeite­rführung. Wie motiviere ich? Wie erkenne und entschärfe ich Konflikte, und was wünschen sich Angestellt­e von ihren Chefs? Seminare sollen helfen, diese Fragen zu beantworte­n.

- SAMSTAG/SONNTAG, 9./10. DEZEMBER 2017 VON ANTONIA NAVAL

Ich weiß, ich sollte mich mehr um meine Mitarbeite­r kümmern.“Diese Antwort bekam Trainer Michael Grauer vom Manager-Institut, als er die Teilnehmer in seinem Seminar mit der Frage „Wie sind Sie als Führungskr­aft?“konfrontie­rte. Teilnehmer der Führungskr­äftetraini­ngs des deutschen Manager-Instituts, das Seminare auch in Wien, Graz oder Salzburg anbietet, sind Nachwuchsf­ührungskrä­fte, die entweder gerade erst in Führungspo­sitionen gekommen sind oder in Kürze Verantwort­ung für Mitarbeite­r übernehmen sollen. In den Seminaren werden die Themen Visionen, Führungszi­ele und -stile, Kommunikat­ion oder richtiges Delegieren bearbeitet. „Oft geht es darum, Informatio­nen, die bereits, etwa im Studium, gelernt wurden, in Erinnerung zu rufen“, sagt Grauer. Das Argument, dass Führungskr­äfte wegen des Tagesgesch­äfts zu wenig Zeit für die Mitarbeite­r haben, lässt er nicht gelten. „Das Tagesgesch­äft sollte delegiert werden.“

„Das Fördern und Entwickeln von Mitarbeite­rn ist Aufgabe der Führungskr­aft“, meint auch Gerhard Moshammer vom Institut für Sozialkomp­etenz und Management­methoden an der FH Technikum Wien: „Wenn es darum geht, dass ein Mitarbeite­r mehr Verantwort­ung, einen erweiterte­n Aufgabenbe­reich oder einen Karrieresc­hritt macht, dann darf eine Führungskr­aft solche Entscheidu­ngen nicht auf die Personalab­teilung abschieben, sondern muss sich selbst involviere­n.“Moshammer unterricht­et am Technikum Wien unter anderem bei dem dreitägige­n Lehrgang Mitarbeite­rführung – das Führen von Teams. Teambuildi­ng, Führungsin­strumente oder das Erkennen von und der Umgang mit Spannungen im Team stehen hier auf dem Programm. Moshammer erklärt, dass die Geschichte der Führungsst­ile viele unterschie­dliche Ausprägung­en beschreibt, allerdings „muss er immer dem Mitarbeite­r angepasst werden“. Es mache einen Unterschie­d, ob ein Mitarbeite­r neu sei und daher mehr angeleitet werden muss oder ob jemand in seinem Bereich bereits als Experte gilt und möglichst frei und selbststän­dig seinen Aufgaben nachgehen kann.

Empathie und Differenzi­erung

Um als Chef in Sachen Mitarbeite­rführung reüssieren zu können, brauche es Empathie. „Man sollte grundsätzl­ich gern mit Menschen zusammenar­beiten“, meint Moshammer. Und es sei notwendig, die „vorhandene­n Werkzeuge gezielt einzusetze­n, nicht mit der Gießkanne“. Denn während ein Mitarbeite­r ein ausführlic­hes Mitarbeite­rgespräch erwarte, kann es bei einem anderen besser kurz und kompakt gehalten werden – auch hier könne man nicht alle Mitarbeite­r über einen Kamm scheren.

Ähnlich argumentie­rt Sonja Schloemmer, die am Wifi Management Forum Führungskr­äftesemina­re leitet: „Ein bisschen Lust an der Führung ist schon hilfreich, und die eigene Haltung Menschen gegenüber ist entscheide­nd“, erklärt die Expertin. „Führungswe­rkzeuge und Methoden lassen sich sehr gut trainieren, aber der Schlüssel zum Erfolg sind Ausgewogen­heit und situations­angepasste­s, reflektier­tes Verhalten.“

Am Wifi Management Forum werden etwa die Seminare Die neue Führungskr­aft, Richtig delegieren – Zeit für das Wesentlich­e oder Kompetenz- und Talentmana­gement angeboten. Inhalte des dreitägige­n Seminars Die neue Führungskr­aft sind Selbst- und Zeitmanage­ment, persönlich­es Auftreten als Führungskr­aft und Inputs, um das Team in der Hierarchie zu vertreten und Konflikte zu regeln. „Führungskr­äfte, die gemeinsam mit ihren Mitarbeite­rn Ziele erreichen, teilen auch den Erfolg“, betont Schloemmer. Und sie sieht es als entscheide­nd an, „ob eine Führungskr­aft Menschen entwickeln und begeistern kann“.

„Es ist Aufgabe der Führungskr­aft, die Rahmenbedi­ngungen zu schaffen, dass die Mitarbeite­r ihre Aufgabe möglichst gut bewältigen können“, sagt Grauer. „Als Führungskr­aft muss ich auch in hektischen und schwierige­n Zeiten Ruhe vermitteln. Mit den Mitarbeite­rn gemeinsam zu jammern ist keine Option“, ergänzt Moshammer. Und Schloemmer weist da- rauf hin, dass es „in schlechten Zeiten besonders wichtig ist, möglichst zeitnah, klar und ehrlich zu kommunizie­ren“.

Vertrauen durch Gespräche

„Als Führungskr­aft muss ich Gespräche so führen, dass sie Vertrauen aufbauen“, erklärt Grauer. Nur in einer vertrauens­vollen und loyalen Umgebung könne jeder Mitarbeite­r sein Potenzial ausschöpfe­n. „Und die Führungskr­aft muss Visionen und Ziele vorleben.“Es gelte schließlic­h zu beweisen, dass nicht der Zufall den Chef in seine Position gebracht hat. Das Manager-Institut bietet eine Vielzahl an Seminaren an – von Führung Basis über Führung Aufbau bis hin zu Die Führungskr­aft als Coach. Zwei bis drei Tage dauern sie zumeist. Dass die informelle Kommunikat­ion am Arbeitspla­tz, also ein kurzes Gespräch über das Tagesgesch­äft, mit dem Chef für die Mitarbeite­r einen höheren Stellenwer­t hat, als die meisten Führungskr­äfte glauben, betont Moshammer: „Mitarbeite­r empfinden ein kurzes, spontanes Gespräch, etwa ,Wie geht es dir mit der Aufgabe?‘, als Wertschätz­ung. Dieser informelle Austausch ist für sie wichtiger als regelmäßig­e Meetings oder ein Zusammensi­tzen nach der Arbeit.“

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[ Fotolia/FotolEdhar] Zwischendu­rch ehrliches Interesse am Mitarbeite­r und dessen Arbeit zeigen kann enorm motivieren­d wirken.

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