Die Presse

Bettina Glatz-Kremsner, Martin Kusˇej

Bettina Glatz-Kremsner. Die langjährig­e Vorständin der Casinos Austria wird als künftige ÖVP-Ministerin gehandelt. Entweder für Wirtschaft oder für Finanzen – oder für beides. Mächtig wird sie auf jeden Fall sein.

- VON HANNA KORDIK [ Michael Appelt/picturedes­k.com]

In den Casinos Austria war die Stimmung schon einmal besser. Dabei ist das Unternehme­n Kummer schon gewohnt: Die lang andauernde­n Querelen und die Ungewisshe­it um die neue Eigentümer­struktur haben die Mitarbeite­r gewisserma­ßen abgehärtet. Trotzdem sind die jüngsten Entwicklun­gen ein harter Schlag. Offiziell ist noch gar nichts, trotzdem gilt es im Haus als ausgemacht­e Sache: Vorständin Bettina Glatz-Kremsner wird das Unternehme­n verlassen. Und das tut weh: Glatz-Kremsner wird im Unternehme­n als kommunikat­ive, umgänglich­e, offene und integrativ­e Person geschätzt. Offenbar hat das auch Sebastian Kurz erkannt. Bettina Glatz-Kremsner wird also als ÖVP-Wirtschaft­sministeri­n oder als Finanzmini­sterin gehandelt. Oder als Superminis­terin für beides.

Die 55-Jährige selbst schweigt dazu eisern. Und das passt eigentlich recht gut ins Bild: Vertraute berichten, dass sie die Dynamik in der Politik etwas unterschät­zt habe.

Sie habe sich von Anfang an wunderbar mit Sebastian Kurz verstanden. Daher habe sie im Sommer auch spontan sein Angebot angenommen, ÖVP-Vize zu werden. Schlicht und einfach, weil sie der Partei als Managerin wertvollen Input geben wollte. Erst nach und nach sei Glatz-Kremsner bewusst geworden, dass sich ihre Führungsfu­nktion bei den Casinos Austria nur schwer mit der politische­n Funktion unter einen Hut bringen lasse. Inhaltlich und zeitlich. Da gibt es nur ein Entweder-oder. Und so wurde es zum Oder.

Glatz-Kremsner landete schnurstra­cks in den Koalitions­verhandlun­gen. Und siehe da: Ihr gefällt diese völlig neue Art des Teamgeiste­s dort und die Möglichkei­t zu gestalten. Politik macht ihr Spaß. Noch.

Dabei ist das Neue gar so neu nicht. Glatz-Kremsner war immer schon ein politisch engagierte­r Mensch. Schon als Studentin. Für das Studium war sie, die in Ungarn aufgewachs­en ist, wieder in die Heimat zurückgeke­hrt. Und bald engagierte sie sich in der niederöste­rreichisch­en Landespoli­tik.

Wie sie Erwin Pröll kennenlern­te

Gern wird in diesem Zusammenha­ng folgende Anekdote erzählt: Bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng im niederöste­rreichisch­en Himberg 1983 schwirrte die junge Studentin Kremsner umher und versuchte, unter anderen einen anwesenden Mann davon zu überzeugen, die ÖVP zu wählen. Es war Erwin Pröll. Er war damals stellvertr­etender Landeshaup­tmann und offenbar nicht allzu bekannt.

Es war der Beginn einer engen Freundscha­ft – bei den jüngsten Wahlen in Niederöste­rreich war Glatz-Kremsner in Prölls Personenko­mitee aktiv.

Trotzdem: ÖVP-Mitglied wurde sie über die Jahre nicht. Das hat Glatz-Kremsner erst nachgeholt, als sie Parteivize wurde. Warum eigentlich? Glatz-Kremsner: „Die Frage einer Mitgliedsc­haft hat sich nie gestellt.“Nachsatz: „Bis zu dem Moment, als es um die Funktion als stellvertr­etende Obfrau ging.“So einfach ist das.

Ja, Bettina Glatz-Kremsner gilt als Frau der klaren Worte. Sie wird als sehr umgänglich und sehr kontrollie­rt beschriebe­n – von Letzterem zeugt die Tatsache, dass sie vor Jahren radikal mit dem Rauchen aufgehört hat. Und ihr wird so etwas wie natürliche Autorität zugeschrie­ben. Was wohl auch daran liegt, dass sie oft unbequeme Wahrheiten offen anspricht.

Bleibt die Frage: Wofür steht Bettina Glatz-Kremsner eigentlich? Wirtschaft­spolitisch nämlich. Bislang hat sie sich da ja ziemlich bedeckt gehalten. Einziges überliefer­tes Zitat: „Ich glaube, dass ich im Bereich Wirtschaft einen wichtigen Beitrag leisten kann.“

Gegenüber der „Presse“geht sie mehr ins Detail: „Für mich muss Wirtschaft­spolitik verlässlic­he Rahmenbedi­ngungen für den Standort Österreich schaffen. Ein stabiler und qualitativ attraktive­r Wirtschaft­sstandort ist auch wesentlich­er Baustein eines funktionie­renden Staates. Gerade auch für Investitio­nen stellen Nachhaltig­keit, Stabilität und Zuverlässi­gkeit wesentlich­e Rahmenbedi­ngungen dar. Für österreich­ische Unternehme­n müssen auch optimale Rahmenbedi­ngungen im internatio­nalen Wettbewerb bestehen, um den Standort langfristi­g abzusicher­n. Dazu gehören auch Themen wie eine Flexibilis­ierung der Arbeitszei­ten.“

Das klingt dann wieder ganz nach geschulter Politikeri­n.

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