Die Gegner von Google
Wettbewerb. Während Westeuropa über die Bevormundung durch die USA und ihre IT-Monopolkonzerne nur klagt, haben sich andere Weltgegenden längst dem Wettbewerb gestellt. Funktioniert blendend. Auch für Anleger.
Google, Facebook und Amazon gelten als unschlagbar. Aber das stimmt nicht, wie Russland und China beweisen.
Wien. „Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt...“, heißt es in der Einleitung der Asterix-Hefte. „Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die römischen Legionäre, die als Besatzung in den befestigten Lagern ... liegen.“
Nicht gleich, aber doch ähnlich wie den römischen Legionären ergeht es über zwei Jahrtausende später den großen US-Techkonzernen wie Google, Facebook oder Amazon. Sie werden zwar in vielen Teilen der Welt – darunter in Europa – mehr oder weniger bereitwillig von den Konsumenten als Monopolisten hingenommen oder gar gefeiert und bis vor Kurzem mit selbst kreierten Steuervorteilen gefüttert. Aber in manchen Ländern beißen sie auf Granit, müssen sich einem unerwarteten Wettbewerb stellen oder gar vor einheimischen Konkurrenten geschlagen geben.
„Beinahe ineinander verliebt“
In Russland etwa. Dort dominiert bei den Suchmaschinen ein anderer Gigant die Szene: Yandex. Gewiss, sein Marktanteil ist zuletzt auf den tiefsten Stand seit 2008 gesunken und betrug im ersten Halbjahr 2017 den Zahlen des Branchenstatistikers LiveInternet zufolge 51,3 Prozent (firmeneigenen Angaben zufolge 54,3 Prozent). Dass der Anteil – und damit auch der Anteil der Onlinewerbung am Gesamtumsatz – zurückging, hat freilich vielfach mit der Situation auf dem Markt für mobile Endgeräte zu tun, der von Google monopolisiert wurde. Nach einer Klage von Yan- dex beim russischen Kartellamt einigten sich die Konzerne. Nun wird das Yandex-Suchsystem auch auf mobilen Endgeräten mit Betriebssystem Android installiert. Das hat den Marktanteil bei Suchumfragen im dritten Quartal sofort erhöht.
Dass Yandex überhaupt überlebt hat, war nicht selbstverständlich. Im Jahr 2003 nämlich waren die Gründer von Google, darunter der gebürtige Russe Sergej Brin, nach Moskau gekommen, um über den Kauf von Yandex zu verhandeln. „Beinahe hätten wir uns ineinander verliebt“, sagte der inzwischen jung
verstorbene
Yandex-Mitgründer Ilja Segalowitsch später zu „Forbes“. Eine Fusion hätte das Ende von Yandex bedeutet. Dafür hat man sich neulich mit dem US-Fahrdienstleister Uber geeinigt, am russischen Markt und angrenzenden Märkten zusammenzugehen, wobei man die Gemeinschaftsfirma 2019 an die Börse bringen will. Yandex selbst ging 2011 an die Börse und vollzog damals mit einem Erlös von 1,3 Mrd. Dollar das größte Branchen-IPO nach Google.
Hilfe durch staatliche Zensur
In den ersten neun Monaten 2017 setzte das Unternehmen 66,2 Mrd. Rubel (949 Mio. Euro) um – ein Plus von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Unterm Strich blieb ein Gewinn von 5,15 Mrd. Rubel (minus sieben Prozent). Die Yandex-Aktie, die derzeit bei 32,62 Dollar notiert, hat heuer um 60 Prozent zugelegt, während es bei der Google-Mutter Alphabet ein Drittel war. Zehn von 17 bei Bloomberg gesammelten Ana- lystenempfehlungen lauten auf „Buy“, sechs auf „Hold“. Das Konsenskursziel beträgt 34,31 Dollar. Yandex dominiert den russischen Markt für Suchmaschinen also nur mit Mühe, die chinesische Baidu den ihrigen aber souverän. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass Google das Land 2010 aufgrund der Zensurvorgaben verlassen hat. Baidu hält heute über drei Viertel des chinesischen Marktes für Suchanfragen. Der Konzern bietet – weltweit – ähnliche Services wie Google, das Geschäftsportfolio reicht bis zu Kooperationen bei autonom fahrenden Autos. 2016 war für Baidu zum Durchhänger geworden, da teure Investitionen in künstliche Intelligenz, die zunehmen- de interne Konkurrenz und ein Skandal um irreführende Reklame für Gesundheitsprodukte dem Konzern zusetzten. Mittlerweile verdient man wieder richtig Geld. Der Umsatz wuchs im dritten Quartal 2017 um 29 Prozent auf 23,5 Mrd. Yuan (drei Mrd. Euro), der Gewinn um 156 Prozent auf knapp 7,9 Mrd. Yuan. Die Aktie, die seit Oktober konsolidiert und bei 231 Dollar notiert, hat seit Jänner um 34 Prozent zugelegt. Am meisten von sich reden machte der Konzern zuletzt damit, dass er mit dem chinesischen Tech-Giganten Xiaomi in Sachen künstlicher Intelligenz kooperieren will. News dazu könnten den Kurs beflügeln. Bei Bloomberg raten 23 von 37 Analysten zum Kauf, zwölf zum Halten. Konsenskursziel: 268 Dollar.
Keine Scheu, viel Ambition
Baidu kämpft gegen neue Konkurrenten, aber vor allem gegen die Internetgrößen Alibaba und Tencent. Diese wiederum legen sich mit dem globalen Branchenführer Amazon an. Chinas führender Onlinehändler Alibaba scheut den Wettbewerb nicht und eilt von Rekord zu Rekord. Vor allem auf dem südostasiatischen Markt haben die Chinesen durch den früheren Markteintritt die Nase vorn. In den kommenden fünf Jahren werden 15 Mrd. Dollar in den Ausbau des weltweiten Logistiknetzes investiert. Weil in China die Marktdurchdringung gering ist, ist Wachstum auf Jahre gesichert.
An der Wall Street war Alibaba heuer eine der stärksten Aktien. Bei Bloomberg empfehlen 49 von 51 Analysten die Aktie, die bei 172 Dollar notiert, zum Kauf. Zwei sagen „Halten“. Das Konsenskursziel: 219 Dollar.
Weniger lautstark als Alibaba agiert übrigens der umsatzstärkere interne Konkurrent JD.com. Beide matchen sich mit Amazon, die ebenfalls chinesische Tencent hingegen, als größte soziale Plattform im Land, mit Facebook.
Tencents Pendant in Russland, „VKontakte“, gehört zum börsenotierten Internetkonzern Mail.ru Group. VKontakte ist Nummer eins im Land vor Facebook.