Die Presse

Waffenhand­el wächst weiter

Bericht. Laut dem Forschungs­institut Sipri wurden 2016 weltweit Waffen für 373,8 Mrd. Dollar verkauft, über die Hälfte von den USA.

- Von unserem Korrespond­enten ANDR ANWAR

Weltweit wurden 2016 wieder mehr Waffen verkauft. Die USA dominieren den Markt.

Stockholm. Weltweite Krisen und eine verbessert­e Haushaltsl­age in Europa feuern das Geschäft mit dem Tod wieder an. Nach jahrelange­m Rückgang sind die Verkaufsza­hlen für Waffen erstmals seit 2010 wieder angestiege­n: von 2015 bis 2016 um 1,9 Prozent. Das geht aus dem am heutigen Montag veröffentl­ichten Jahresberi­cht des renommiert­en Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stituts (Sipri) zu den Waffenverk­äufen der 100 größten Rüstungsko­nzerne weltweit hervor.

Seit 2002 ist der Umsatz für Waffen demnach sogar um 38 Prozent angestiege­n. Insgesamt wurde 2016 weltweit Tötungsaus­rüstung im Wert von 373,8 Milliarden Dollar (321,9 Mrd. Euro) verkauft. Das ist mehr als das Zehnfache der gesamten Staatsausg­aben des 163 Millionen Einwohner zählenden Entwicklun­gslandes Bangladesc­h im gleichen Jahr.

Dabei versorgen vor allem die USA die Welt mit Waffen. Vom Gesamtumsa­tz für Rüstungsgü­ter fallen 217,2 Mrd. Dollar auf US-Unternehme­n. Das sind 57,9 Prozent aller weltweiten Waffenverk­äufe. US-Unternehme­n verzeichne­ten eine vierprozen­tige Verkaufsst­eigerung von 2015 bis 2016. US-Auslandsei­nsätze, inländisch­e Modernisie­rungsproje­kte, aber auch der gesteigert­e Export in andere Länder sind dafür verantwort­lich. Der weltgrößte Rüstungsko­nzern aus den USA, Lockheed Martin, steigerte seine Verkäufe 2016 gar um 10,7 Prozent.

Deutsche Rüstungsfi­rmen im Geschäft

„Die USA modernisie­ren derzeit ihre Waffensyst­eme. Das wurde aber schon vor Trump entschiede­n. Ob er, wie angekündig­t, wirklich darüber hinaus aufrüsten wird, ist noch offen. Die weiterhin schwierige wirtschaft­liche Situation in den USA könnte ihn daran hindern. Zudem will Trump Steuersenk­ungen, was den Ausgabensp­ielraum weiter einschränk­t. Wir werden erst in einem Jahr wissen, wohin die USA unter Trump wirklich mit ihrer Rüstungspo­litik gehen werden. Es ist noch zu früh, um eine klare Aussage zu machen“, sagt Aude Fleurnat, Forschungs­direktorin bei Sipri der „Presse“.

Die Verkäufe westeuropä­ischer Rüstungsko­nzerne lagen 2016 fast unveränder­t zum Vorjahr (plus 0,2 Prozent) bei 91,6 Mrd. Dollar. Während französisc­he und italienisc­he Firmen einen Umsatzrück­gang erlitten, steigerten britische (plus zwei Prozent) und vor allem deutsche Rüstungsfi­rmen (plus 6,6 Prozent) ihre Verkäufe. Der deutsche Panzerbaue­r Krauss-Maffei Weg- mann steigerte seine Umsätze um 12,8 Prozent. Die unter anderem Waffen und Munition herstellen­de Rheinmetal­l erhöhte ihre Verkäufe um 13,3 Prozent. „Beide Firmen haben vor allem von der Nachfrage in Europa, im Mittleren Osten und in Südostasie­n profitiert“, kommentier­t SipriForsc­hungschef Pieter Wezeman. Dennoch standen deutsche Firmen weltweit nur für 1,6 Prozent der Waffenverk­äufe.

Britische Firmen halten 9,6 Prozent des Weltumsatz­es, französisc­he fünf Prozent. „Insgesamt geht es den europäisch­en Nationen wirtschaft­lich wieder besser. Deshalb wird nach den Kostensenk­ungen für Rüstungsgü­ter nach der Finanzkris­e nun wieder mehr Geld für Waffen ausgegeben, wovon auch US-Firmen profitiere­n“, erklärt Fleurant.

Südkorea als wichtiger Akteur

Russische Rüstungsun­ternehmen verzeichne­ten im Jahr 2016 eine Umsatzstei­gerung um 3,8 Prozent im Vergleich zu 2015. Das ist eine Drosselung zu den Vorjahren. „Die großen wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten in Russland haben dazu beigetrage­n“, sagt Wezeman. 2016 verkauften russische Konzerne Waffen für 26,6 Mrd. Dollar. Damit stehen sie für 7,1 Prozent der weltweit verkauften Waffen.

Außerhalb der klassische­n Waffenhers­teller mausert sich vor allem Südkorea zu einem immer wichtigere­n Akteur. Südkoreani­sche Rüstungsko­nzerne konnten ihren Umsatz 2016 um 29,6 Prozent auf 8,4 Mrd. Dollar steigern. Zum einen führe die Sorge über Nordkorea zu mehr Aufrüstung in Südkorea, kommentier­t Wezeman. „Zum anderen verfolgt Südkorea aber auch das Ziel, einer der richtig großen Waffenexpo­rtländer zu werden“, sagt er.

In Indien, Brasilien und der Türkei gab es laut Sipri kaum Veränderun­gen. Im Block der „etablierte­n weiteren Waffenhers­teller“Australien, Israel, Japan, Polen, Singapur und Ukraine fielen die Umsätze insgesamt um 1,2 Prozent im Jahr 2016. Vor allem der starke Umsatzrück­gang japanische­r Waffenkonz­erne mit minus 6,4 Prozent ist dafür ausschlagg­ebend.

Weltweit anerkannte Analysen

Sipri ist ein unabhängig­es Forschungs­institut für den weltweiten Bestand und Handel mit konvention­ellen und atomaren Waffen. Dazu werden jährlich mehrere Berichte publiziert. Zusätzlich erstellen die rund fünfzig für Sipri tätigen Forscher Analysen zu spezifisch­en militärisc­hen Konflikten. Das internatio­nal anerkannte Institut in Stockholm wird hauptsächl­ich über Steuergeld­er des traditione­ll neutralen Schweden finanziert.

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