Die Presse

Die Chance seines Lebens

Analyse. Vor neun Tagen erst in Köln entlassen, seit Sonntag neuer Trainer von Borussia Dortmund: Peter Stögers Aufstieg dokumentie­rt die Schnellleb­igkeit des Fußballges­chäfts.

- VON MARKKU DATLER

Peter Stöger ist der neue Trainer des deutschen Großklubs Borussia Dortmund.

Peter Stöger hat alles richtig gemacht. Der Wiener, 51, ist in der Krise beim 1. FC Köln stets ruhig geblieben, trotz der Misere mit nur drei Punkten ließ er sich nicht zum Rücktritt provoziere­n. In der Karnevalss­tadt wurde er für seine Arbeit geliebt, er hat den „Effzeh“in den Europacup zurückgebr­acht. Er wurde mit einem Verein, der im Normalfall stets am Tabellenen­de zu finden sein wird, Fünfter. Nach seinem – von ihm zeittechni­sch brillant mittels dringliche­r Aufforderu­ng nach Klarheit initiierte­n – Aus am 3. Dezember wurde er als Rekordtrai­ner mit Applaus und 750.000-€-Abfindung verabschie­det.

Sonntagmit­tag wurde Stöger als neuer Trainer von Borussia Dortmund präsentier­t. Einem Verein, der 80.000 Zuschauer bei Heimspiele­n und 153.000 Mitglieder zählt, mit acht Meistertit­eln einer der erfolgreic­hsten Klubs im Land des Fußball-Weltmeiste­rs ist. Nach dem 1:2 gegen Bremen war die Uhr von Peter Bosz abgelaufen.

Geplant, spontan, kurios

Statt Abstiegska­mpf und Tristesse in Köln wartet auf ihn bis 30. Juni 2018 das Abenteuer bei SchwarzGel­b. Ein Österreich­er, der bereits in der Regionalli­ga bei Vienna oder den GAK-Kickern (2010) zu Scheitern drohte, betreut den BVB.

Dem Wiener eröffnet sich die Chance seines Lebens, jetzt steht er bei einem Topklub an der Seitenlini­e. Eine bessere Visitenkar­te gibt es nicht, die kurze Vertragsla­ufzeit ist nicht von Belang. „Ich hätte es auch gemacht“, sagte er, „wenn ich nur für 14 Tage enga- giert worden wäre. Wer kann denn beim BVB schon Nein sagen?“

In Dortmund ist man überzeugt, dass Stöger der Richtige ist, um dieser Negativser­ie Einhalt zu gebieten und dem Spiel „Stabilität“zu garantiere­n. 22 Punkte und Platz sieben in der Tabelle sind zu wenig. Ein Coach, der in dieser Saison nur drei Zähler erreichen konnte, soll das bewerkstel­ligen. Scheitert er, ist eine ohnehin bereits verkorkste Saison mit dem CL-Aus und der verspielte­n Titelchanc­e abgehakt. Gerüchten zufolge soll im Sommer 2018 Julian Nagelsmann (Hoffenheim) übernehmen. Ihn wollen aber auch die Bayern – hat Stöger also Erfolg, ist sein Verbleib durchaus möglich.

Was im vergangene­n Sommer mit ersten Verhandlun­gen auf Mallorca begonnen hatte, wurde jetzt fixiert. Pikant dabei ist ein Detail: der „Express“berichtet, dass sich Stöger mit BVB-Vorstandsc­hef Hans-Joachim Watzke vergangene Woche in der Mediapark-Klinik (Co-Trainer Manfred Schmid musste sich einer Hüft-Operation unterziehe­n) getroffen haben soll – also kurz nach der Entlassung beim FC. Es passt optimal ins Bild, skizziert den zeitlichen Ablauf.

Spontan war die Aktion dennoch. Stöger, der Samstagabe­nd Watzkes Anruf in Wien erhielt und für den Traumjob das Abendessen mit seiner Mutter abbrach, leitete bereits Sonntag, 15 Uhr, das erste BVB-Training – noch ohne einen Vertrag unterschri­eben zu haben. Zuerst wolle er mit den „Jungs“sprechen, sie kennenlern­en und „Problemzon­en“aus der Ära Bosz ausloten. Der BVB-Absturz ist allerdings schwerer zu erklären als der Flop in Köln. Nach der siebenten Runde rangierte ein furios aufspielen­des Bosz-Team

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